Auto – Verkäufer strafbar durch Gewähren einer Probefahrt gegenüber einem Kaufinteressenten ohne Fahrerlaubnis?

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Mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht Saarbrücken im Oktober 2020 beschäftigen. Demnach musste geklärt werden, ob dem Verkäufer, welcher dem Kaufinteressenten ohne Fahrerlaubnis die Schlüssel aushändigte und ihn mit dem Wagen addiert mehrere hundert Kilometer zurücklegen ließ, ein bedingter Vorsatz im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG vorgeworfen werden kann. Die Richter des Oberlandesgerichts sind in der Revisionsinstanz zu dem Ergebnis gekommen, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Vorsatztat bestehen, das Urteil demnach aufgehoben und für eine erneute Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen wird.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Angeklagte arbeitet als Verkäufer in einem Autohaus. In seiner Funktion war er durch die Geschäftsführung berechtigt, in eigener Verantwortung Fahrzeuge an interessierte Kunden herauszugeben, damit diese Probefahrten mit den Autos durchführen können. Im vorliegenden Fall überließ er zwei verschiedene Autotypen dem Kunden K, welcher zum Zeitpunkt der Probefahrten nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war. Da sich der Angeklagte kein Führerscheindokument vorlegen lässt, handelt er in der Annahme, dass der Kaufinteressent wohl eine Fahrerlaubnis besitzt. Das Landgericht legte dieses Verhalten derart aus, dass es sich hier um einen bedingten Vorsatz seitens des Angeklagten handele, da dieser den Umstand des fehlenden Führerscheins zumindest billigend in Kauf genommen hat, da er auf eine Sichtung der Dokumente verzichtete. Später ließ sich der Betroffene bei Gericht ein, dass sein Leitmotiv lediglich der vereinfachte Verkauf des Fahrzeuges gewesen sei, um schnellstmöglich eine Provisionsleistung seitens des Arbeitgebers zu kassieren.

Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Revision zum Oberlandesgericht ein. Die Richter folgten seiner Sachrüge und hoben das Urteil des Landgerichts auf. Zudem verwiesen Sie die Sache an eine andere Strafkammer zur erneuten Entscheidung.

Grund dafür sei, dass aus Sicht der Richter des OLG lediglich ein fahrlässiger Tatbestand des § 21 Abs.2 Nr.1 StVG erfüllt sei. Die Ausführungen des LG zur vorsätzlichen Begehungsweise fußen nicht auf einer ausreichenden Grundargumentation. Der Umstand, dass der Angeklagte es tatsächlich gebilligt habe, dass der Kunde die ihm überlassenen Fahrzeuge ohne die erforderliche Fahrerlaubnis führen würde, kann nicht hinreichend belegt werden. Hier ist wohl eher davon auszugehen, dass der Betroffene den Umständen nach wirklich an den Besitz einer Fahrerlaubnis geglaubt habe, den Zugriff auf das Auto des Kaufhauses jedoch nur aufgrund Außerachtlassung der gebotenen Vorsichtsmaßnahmen einräumte. An diesem Punkt verwiesen die Richter auf die vom Bundesgerichtshof anzuwendende Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit im Sinne der sogenannten „Einwilligungstheorie“, nach welcher von Vorsatz auszugehen ist, falls der Angeklagte den Erfolg für möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und diesen zudem billigend in Kauf nimmt. Im obigen Fall sprechen jedoch keine Feststellungen dafür, dass der Beschuldigte an dem Besitz der Fahrerlaubnis des potentiellen Käufers zweifelt, er prüft diese lediglich nicht aufgrund Unachtsamkeit. Dies stellt einen typischen Fahrlässigkeitsvorwurf dar.

Dafür spricht auch, dass der Angeklagte sich wohl bei einem potentiellen Geschäftsabschluss hätte vorstellen müssen, dass der Kunde nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist. Für den Kauf eines Fahrzeuges ist eine solche auch nicht notwendig, dennoch ist es wohl unüblich, ein Fahrzeug zu kaufen, welches man zuvor im Anschein „für sich“ probefährt und es sich im Nachhinein herausstellt, dass das Fahrzeug lediglich für Chauffeur-Fahrten genutzt werde. Dies sei ein weiteres Indiz für den Fahrlässigkeitsvorwurf.

OLG Zweibrücken – Az.: 1 OLG 2 Ss 39/20 – Beschluss vom 08.10.2020

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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