Fahrerflucht bei Beschädigungen auch auf Privatparkplatz mit defekter Schranke?

 In Veröffentlichungen

In dem vom OLG Zweibrücken zu verhandelnden Fall stieß die Angeklagte mit einem von ihr geführten PKW auf einem privaten Parkplatz gegen ein anderes Kraftfahrzeug und verursachte einen hohen Fremdschaden.

Daraufhin entfernte sie sich im Bewusstsein vom Unfallort, einen Unfall verursacht zu haben, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ihrer Person zu ermöglichen. Die Angeklagte wurde daher vom AG wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Ferner wurde ihr die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist von fünf Monaten angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision der Angeklagten war erfolgreich und führte zur Aufhebung des AG-Urteils sowie Zurückverweisung an das AG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

Der Unfall muss sich gem. § 142 Abs. 1 StGB im öffentlichen Straßenverkehr ereignet haben. Ein Verkehrsraum ist öffentlich, „wenn er entweder ausdrücklich, oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann, oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird.“

Im vorliegenden Fall war die Angeklagte Mieterin eines Stellplatzes auf o.g. Parkplatz, welcher als Privatparkplatz gekennzeichnet war. Die Ein- und Ausfahrt war nur durch das Passieren einer Schrankenanlage möglich, welche jedoch bereits vor dem Tatzeitpunkt defekt war. Dies hatte zur Folge, dass der Parkplatz frei zugänglich war und des Öfteren auch von Nicht-Mietern genutzt wurde.

Angesichts dieser Umstände ging das AG von der Öffentlichkeit des Parkplatzes aus. Als Begründung wurde angeführt, dass der Eigentümer des Parkplatzes trotz anderweitiger Zweckbestimmung tatsächlich nicht verhindert habe, dass der Parkplatz auch der Allgemeinheit zugänglich war.

Nach Ansicht des OLG erfolgte jedoch keine rechtsfehlerfreie Begründung durch das AG hinsichtlich der Öffentlichkeit des Parkplatzes. Es wies darauf hin, dass es für die Beurteilung der Frage nach der Duldung auf den für etwaige Benutzer erkennbaren äußeren Willen des Verfügungsberechtigten ankomme und nicht auf dessen inneren Willen. Im vorliegenden Fall reiche „allein der Umstand, dass der Grundstückseigentümer nicht „tatsächlich“ verhindert [habe], dass auch die Allgemeinheit den Parkplatz befahren konnte“ nicht aus, um von einer stillschweigenden Duldung des Eigentümers als Verfügungsberechtigten auszugehen und somit die Verkehrsfläche als öffentlich einzustufen. Vielmehr ist zu beachten, dass der Parkplatz durch eine Beschilderung als Privatparkplatz gekennzeichnet war. Zudem installierte der Eigentümer bewusst eine Schrankenlage mit dem Zweck, die Einfahrt auf einen eng bestimmten Nutzerkreis zu begrenzen. Aus der Tatsache, dass die Schrankenanlage bereits vor dem Tatzeitpunkt über längere Zeit hin defekt war und damit Absperrmaßnahmen fehlten, die  Nichtberechtigten den Zugang unmöglich machten, darf nicht zwangsläufig die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die private Parkplatzfläche der Allgemeinheit uneingeschränkt zur Verfügung stand.

Darüber hinaus wurde jedem Mieter ein Stellplatz fest zugewiesen, sodass auch hieran deutlich wird, dass der Verfügungsberechtigte daran interessiert war, dass diese Stellplätze nicht durch Nicht-Mieter besetzt wurden. Insgesamt machte der Eigentümer des Parkplatzes damit nach außen hin deutlich, dass sein Wille in Richtung „Nicht-Nutzung“ durch die Allgemeinheit ging. Die gelegentliche Benutzung durch Nichtberechtigte ändert daher an der Nicht-Öffentlichkeit dieser Verkehrsfläche nichts, sodass das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit des Straßenverkehrs nach § 142 Abs. 1 StGB nicht erfüllt ist (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11.11.2019, 1 OLG 2 Ss 77/19).

Das Urteil der I. Instanz war durch Freispruch aufzuheben.

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht

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