Erkennungsdienstliche Behandlung | Sven Skana, Fachanwalt für Strafrecht
Erkennungsdienstliche Behandlung | Sven Skana, Fachanwalt für Strafrecht

Erkennungsdienstliche Behandlung

Was ist eine Erkennungsdienstliche Behandlung? Die Einladung der Ermittlungsbehörde (Staatsanwaltschaft / Polizei) zur Erfassung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist rechtlich bindend, wenn ein Anfangsverdacht bezüglich einer Straftat besteht. Sollten Sie der Ladung nicht Folge leisten, besteht die Gefahr polizeilich vorgeführt bzw. verhaftet zu werden.
Bedienen Sie sich stets anwaltlicher Hilfe – wir begleiten Sie ggf. zu dem Ladungstermin! Schweigen Sie dort – die Beamten sind geschult, Sie in lockere, belanglose Gespräche zu verwickeln. All dies wird notiert und kann sich später in einer Strafverhandlung katastrophal für die Verteidigung auswirken.

Zu den erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach § 81 b StPO zählen Fotoaufnahmen von Ihnen, Aufnahmen von Fingern – und eventuell Fußabdrücken, sowie die Durchführung von Messungen der Körpergröße.

Keine Verpflichtung besteht aber zur aktiven Mitwirkung:

  • Schweigen Sie und beantworten Sie keine Fragen
  • führen Sie keine Plaudereien mit den Beamten „nebenbei“
  • nehmen Sie Ihren Verteidiger mit zum Ladungstermin
  • füllen Sie selbst keine Formularblätter aus
  • keine Speichelproben oder DNA – Proben abgeben

Wir haben praktisch 20 Jahre Erfahrung und gehen als Ihr Verteidiger fast immer erfolgreich mit Rechtsmitteln gegen die Anordnung vor!

Sie haben Fragen zu unseren Leistungen?

Rechtliche Grundlagen einer erkennungsdienstlichen Behandlung

Die erkennungsdienstliche Behandlung bei Verdacht auf einen Straftatbestand ist in § 81 b StPO (Strafprozessordnung) geregelt. Der Beschuldigte wird den sogenannten Standardmaßnahmen unterzogen, die der Feststellung äußerer physischer Merkmale dienen. Hierzu gehören die Anfertigung von Lichtbildern sowie die Abnahme von Handflächen- und Fingerabdrücken. Zulässig ist auch die Feststellung auffälliger Körpermerkmale wie Muttermale, Narben oder weiterer individueller Eigenschaften. Auch die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Beschuldigten kann angeordnet werden. Hierzu gehören zum Beispiel das Entfernen von Perücken, Sonnenbrillen, Schminke sowie Schals oder Haare, die das Gesicht verdecken.

Was ist in der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht erlaubt?

Nicht unter diese Gesetzesnorm fällt die Registrierung und Speicherung sozialer Verhaltensweisen oder die Feststellung von Merkmalen, die einen Aufschluss über den Gesundheitszustand und innere Verfassung geben, zum Beispiel durch Messung der Vitalwerte. Die Aufforderung zur Abgabe einer Sprachprobe ist im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht gestattet.

Wann werden erkennungsdienstliche Maßnahmen angewandt?

Die Sachaufklärungspflicht gemäß § 244 StPO bestimmt, ob die angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen im Sinne eines eventuell späteren Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahrens notwendig sind. Ob eine entsprechende Anordnung ausgesprochen wird oder nicht, richtet sich regelmäßig nach den individuellen Umständen der vermuteten Straftat. Die erkennungsdienstliche Behandlung des Tatverdächtigen kann auch gegen seinen Willen unter Anwendung von Zwang erfolgen. Bestimmte Verfahrensregeln sind für diese Maßnahmen nicht vorgeschrieben.

Verweigerung erkennungsdienstlicher Maßnahmen

Verweigert der Beschuldigte seine Mitwirkung, kann er zwangsweise bei der Polizeibehörde vorgeführt werden. Der Betroffene wird bis zum Abschluss der erkennungsdienstlichen Maßnahmen festgehalten, was rechtlich zulässig ist und nicht unter das Tatbestandsmerkmal der Freiheitsberaubung fällt. Die Kriminalpolizei ist die einzige Strafverfolgungsbehörde, der die Anordnungskompetenz für diese erkennungsdienstlichen Maßnahmen zukommt. Beamte des Polizeidienstes sind sachlich nicht zuständig.

Wann sind erkennungsdienstliche Maßnahmen erlaubt?

Liegt lediglich der Verdacht auf eine Straftat ohne eindeutige Beweise vor, sind die Strafverfolgungsbehörden nicht berechtigt, Maßnahmen nach § 81 StPO gegen den Beschuldigten durchzuführen. Die Erfahrungswerte zeigen, dass die Anordnung diesbezüglicher Maßnahmen häufig zu Unrecht ohne Vorliegen der von § 81 StPO verlangten Tatbestandsvoraussetzungen erfolgt.

Wann ist man „Beschuldigter“

Ist jemand einer Straftat verdächtig, muss er die von der Strafprozessordnung geforderte Eigenschaft als Beschuldigter besitzen. Dieser juristische Fachbegriff bedeutet, dass tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen müssen, die den Verdacht einer Straftat erhärten. Ein Anfangsverdacht ohne konkrete Beweise reicht nicht aus, um den Beschuldigten einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen. In diesem Fall ist die Strafverfolgungsbehörde entsprechend § 163 b StPO lediglich zur Feststellung der Identität berechtigt. Der Beschuldigte ist zur Mitwirkung verpflichtet und wird aufgefordert, Ausweispapiere wie Führerschein oder Personalausweis vorzulegen, die zur Feststellung der Identität geeignet sind.

Ein Tatverdächtiger ist dann Beschuldigter, wenn ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet wird. Mit Urteil beziehungsweise Einstellung des Verfahrens (§§ 170, 153 ff, 206 StPO) endet die Eigenschaft des Tatverdächtigen als Beschuldigter. Im ersten Fall wird der Beschuldigte rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen. Im zweiten Fall haben sich die Verdachtsmomente gegen ihn nicht erhärtet. Dem Beschuldigten drohen keine weiteren verfahrensrechtlichen Maßnahmen.

Juristischer Bestand durch einen Strafverteidiger

Droht eine erkennungsdienstliche Behandlung bei Straftatverdacht, sollte der Betroffene auf jeden Fall juristischen Beistand einholen. Es steht dem Beschuldigten jederzeit frei, einen Fachanwalt für Strafrecht mit der Vertretung seiner Interessen zu beauftragen. Der Strafverteidiger beantragt Einsicht in die Ermittlungsakten und die Zurückstellung der angeordneten Maßnahmen. In den meisten Fällen erhalten die Betroffenen die Vorladung zu dieser Maßnahme kurze Zeit nachdem sie als Beschuldigte einbestellt wurden. Mit dieser Rückstellung der Anordnung vermeidet der Strafverteidiger ein anschließendes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht.

Die Abnahme von Fingerabdrücken, die Anfertigung von Lichtbildern und das Feststellen individueller körperlicher Merkmale sind Hilfsmittel, die sichergestellt werden in der Erwartung, dass eine Straftat vorliegt oder diese zumindest in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Der Beschuldigte wird mit diesen erkennungsdienstlichen Verfahren nicht überführt, sondern verdächtigt, in Zukunft weitere Straftaten zu begehen. Eine Wiederholungsgefahr wird insbesondere im Bereich der Betäubungsmittel- und Sexualdelikte angenommen.

Ist es nicht möglich, eine Wiederholungsgefahr konkret zu belegen, ist die Anordnung unzulässig. Nun kommt dem Strafverteidiger die Aufgabe zu, seinen Mandanten vor der anordnenden Stelle so gut wie möglich zu verteidigen und den Verdacht einer Wiederholungsgefahr zu widerlegen. In diesem Fall wird die Strafverfolgungsbehörde die Anordnung aufheben und das Ermittlungsverfahren einstellen.

Anordnungen, die im Rahmen eines Strafverfahrens durch das Gericht ergehen, sind gemäß § 304 StPO mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anfechtbar. Auch der Rechtsweg der Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht (§ 42 VwGO) steht dem Beschuldigten bereits mit Zustellung der Anordnung zur erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81 StPO in der zuständigen Polizeistation offen.