Die Triage – Ab wann machen sich Ärzte eigentlich strafbar?

 In Veröffentlichungen

Nachdem die Corona-Pandemie bislang immer noch anhält und in all unser Leben bereits allgegenwärtig ist und nun eine Steigerung der Corona-Neuinfizierten festgestellt wurde, besteht weiter die Angst, dass die Kliniken kaum noch freie Betten auf den Intensivstationen verfügbar haben. Problematisch wird diese Konstellation vor allem dann, wenn eine Beatmung des Patienten an einer besonderen Beatmungsmaschine notwendig ist.

Es könnte dann zu der Situation kommen, in welcher der leitende Arzt entscheiden muss, welchen Patienten er aus Kapazitätsgründen ein Beatmungsgerät zur Verfügung stellt und damit seine Lebenschancen erhöht. Solch eine Entscheidung kann den Tod eines anderen Patienten hervorrufen. Darf der Arzt also entscheiden, wer stirbt?

Rechtfertigende Pflichtenkollision – Leben gegen Leben

Man stelle sich die Situation vor, dass ein Arzt bereits einen Patienten beatmet, dieser jedoch in einem kritischen Zustand ist. Es wird ein neuer Patient auf die Station eingeliefert, welcher deutlich höhere Überlebenschancen zeigt, jedoch keine Kapazitäten an der Beatmungsmaschine vorhanden ist.  

Er würde nach unserer Überlegung den „schwächeren“ Patienten nur sterben lassen, um den anderen Patienten zu „retten“. Grundsätzlich geht man in einer solchen Situation nicht von einer Strafbarkeit des Arztes aus, da dieser sich im vorliegenden Zeitpunkt in einer sogenannten „rechtfertigenden Pflichtenkollision“ befand, welche weitreichendere Abwägungen benötigt.

Zählt jeder Mensch gleich?

Bei den Abwägungskriterien solcher Situationen besteht eine rege Diskussion unter Juristen. Solche Fälle sind beispiellose Erklärungen der Einzelfallentscheidung, in welche alle dem Arzt bekannten Umstände miteinbezogen werden müssen. Hier gibt es keine Pauschalantworten. Die Rechtsprechung ist sich jedoch einig, dass beispielsweise ein geimpfter Patient nicht einem ungeimpften Patienten vorgezogen werden darf, nur weil diesem ein eigenes Vorverschulden trifft, da dieser sich nicht freiwillig habe impfen lassen.

Zudem dürfen die Diskriminierungskriterien wie Geschlecht, Alter, Herkunft und Abstammung keine Rolle spielen.

Dies ist jedoch schwer zu differenzieren, da der Arzt als geschultes medizinisches Personal eine Abwägung der Überlebenschancen vornehmen wird, wobei er natürlich auch das Alter und beispielsweise Vorerkrankungen in die Abwägung mit einbezieht.

Letztendlich gibt es für die Triage keine festgeschriebene Anleitung oder eine Abgrenzung zur strafbaren Handlung. Man sollte sich vor Augen führen, dass das Strafrecht als „ultima ratio“ gilt und somit das äußerste Mittel darstellt.

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Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.

Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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