Schädliche Neigungen und die Verhängung von Jugendstrafe – ein Verweis auf die Existenz von Vorstrafen reicht nicht aus

 In Veröffentlichungen

Das Oberlandesgericht Hamm hat sich im Oktober 2021 mit dem Jugendstrafrecht zu beschäftigen. Dort gibt es eine Kategorisierung der sogenannten „schädlichen Neigung“ welche erst dann eine Jugendstrafe vollumfänglich rechtfertige. Diese „schädliche Neigung“ kann jedoch erst dann bestätigt werden, wenn diese seitens des Gerichts ausführlich begründet wird. Ein Verweis auf die Existenz von Vorstrafen des Jugendlichen reicht noch nicht aus, um dieses Element als gegeben anzusehen und eine Jugendstrafe auszusprechen.

Es kam durch einen vom Amtsgericht Lippstadt verurteilten Sachverhalt zur Revision des Oberlandesgerichts. In der vorherigen Instanz wurde über einen Jugendlichen gerichtet, welcher nach umfangreicher Beweisaufnahme wegen des unerlaubten Handels von Betäubungsmitteln zu einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Der Haftantritt wurde zur Bewährung ausgesetzt, der Jugendliche blieb letztendlich auf freiem Fuß.

Schädliche Neigungen müssen bei einer Strafe mit solchem Ausmaß gegeben sein

Damit die Richter die Höhe der Strafe aussprechen konnten, bedarf es einer positiven Feststellung der schädlichen Neigung. Die Vorinstanz au Lippstadt hat diese Neigungen bejaht und verwies zur Begründung auf die Existenz zweier Vorstrafen des Jugendlichen wegen dem Verstoß gegen das Waffengesetz. Aufgrund dieser dünnen rechtlichen Grundlage legte der verurteilte Jugendliche Revision zum Oberlandesgericht Hamm ein.

Revision führte letztendlich zum Erfolg

Die Richter des Oberlandesgerichtes entschieden zu Gunsten des Angeklagten. Das zugrundeliegende amtsgerichtlich ausgesprochene Strafurteil sei hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruches fehlerhaft. Es mangelt an einer schlüssigen Gegebenheit der Urteilsgründe. Diese weisen im hiesigen Fall Lücken auf.

Die Juristen argumentierten, dass vor alledem bei der Verhängung einer Jugendstrafe eine besonders sorgfältige Begründung erforderlich sei, damit eine solch hohe Sanktionshürde für einen Jugendlichen überhaupt ausgesprochen werden darf. Demnach müsse das Vorliegen der schädlichen Neigungen eingehend und nicht nur formelhaft begründet sein. Damit diese Neigungen aufgrund von früheren Straftaten als gegeben angesehen werden können, müssen konkrete tatsächliche Feststellungen getroffen werden. Der Richter muss sich demnach ausgiebig damit auseinandersetzen und die Verbindung zwischen des Strafausspruches sowie den festgestellten Neigungen begründen. Im vorherigen Fall ist dies nicht geschehen. Demnach war die Revision erfolgreich.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 26.10.2021 – 4 RVs 109/21 –

PixaBay-Foto Nr.: 2815845

Hinweis:

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Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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