„Alter Mann“ – Bezeichnung eines 58 – Jährigen: strafbare Beleidigung?

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Das Oberlandesgericht Hamm musste sich im Herbst 2016 erneut mit der Reichweite der Beleidigungsdelikte nach §§ 185 ff. StGB beschäftigen. Die Richter legten obergerichtlich fest, dass die Bezeichnung eines 58-jährigen Mannes als „alter Mann“ nicht den Straftatbestand des § 185 StGB erfüllt, da es sich um eine Tatsachenbehauptung handelt, welche die betroffene Person grundsätzlich nicht herabwürdigt.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Angeklagte wurde in einem Streitgespräch mit dem Opfer verwickelt. Als sich die verbale Auseinandersetzung intensivierte, soll dieser sein Opfer als „Opa“ sowie „alter Mann“ betitelt haben. Mangels sicherer Feststellungen seitens des erstinstanzlichen Tatrichters ist in Bezug auf das Phänomen der „Wahlfeststellung“ lediglich auf die Aussage des „alten Mannes“ einzugehen.

Das erstinstanzliche Amtsgericht sah in der Aussage des Angeklagten eine ehrenrührige Tatsachenbehauptung, welche im Einzelfall dazu geeignet ist, eine Ehrverletzung beim Opfer herbeizuführen, was eine Verurteilung aufgrund § 185 StGB rechtfertigt.

Gegen dieses Urteil wehrt sich der Angeklagte mit einer Revision zum Oberlandesgericht Hamm. Die Richter sahen den Tatbestand des § 185 StGB nicht erfüllt und hoben das Urteil des Amtsgerichtes demnach auf. Dies wurde seitens der Richter wie folgt begründet:

Die Verurteilung des Angeklagten wegen Beleidigung kann nicht bestehen bleiben, da sie von den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichtes nicht getragen wird. § 185 StGB verlangt einen Angriff auf die Ehre einer Person durch Kundgabe von Missachtung. Der Äußerungsgehalt, welcher unter diesen Umständen fällt, ist unter Berücksichtigung aller Begleitumstände zu ermitteln. Dabei ist der Maßstab ausschlaggebend, wie ein verständiger Dritter die Äußerung verstehen würde.

Demnach ist eine objektiv erhobene Tatsachenbehauptung, welche an sich als „wertneutral“ verstanden werden kann, nicht als Beleidigung im Sinne des § 185 StGB anzusehen.

Die Aussage, dass das 58 – jährige Opfer ein „alter Mann“ sei, sei auch im Hinblick auf sein tatsächliches Lebensalter für sich betrachtet noch keine ehrenrührige Herabwürdigung oder Diskreditierung der Person, welcher dem Opfer seinen personalen oder sozialen Geltungswert abspricht und seine Minderwertigkeit zum Ausdruck bringt. Vielmehr liegt ein objektives „altes Aussehen“ des Opfers vor, welches nicht durch abfällige oder beleidigende Zusatzbemerkungen verstärkt wurde, welche eine solche Diskreditierung rechtfertigen oder tragen würden.

Letztendlich sieht das Oberlandesgericht Hamm von einer Zurückverweisung der Sache zur konkreteren Feststellung des Sachverhaltes sowie der „etwaigen Beleidigungshandlung“ ab. Da aus Sicht der Richter keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten sind und die vorliegenden Feststellungen keine „ausreichende“ Herabwürdigung der Person beinhalten, so sind die Richter des OLG in der Pflicht, dass vorherige amtsgerichtliche Urteil aufzuheben, da es nicht die Voraussetzungen der strafrechtlichen Beleidigungsnorm aus § 185 StGB erfüllt sieht.

Demnach wurde der Angeklagte in der Revisionsinstanz freigesprochen.

OLG Hamm, Beschl. v. 26.09.2016 – 1 RVs 67/16

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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