Entschlüsselung von „EncroChat“: Hunderte Verhaftungen in Europa beruhen auf zulässigem Beweismittel

 In Veröffentlichungen
Den internationalen Behörden ist es gelungen, die App „EncroChat“ zu knacken

Das Oberlandesgericht prüfte im Juli 2021 die Rechtmäßigkeit der Verwendung von Daten aus verschlüsselten Chats des Messenger-Dienstes „EncroChat“ auf sogenannten „Krypto-Telefonen“. Aufgrund der Entschlüsselung und Offenlegung dieser Chats kam es in Europa zu hundertfachen Verhaftungen. Nun musste die Frage geklärt werden, ob diese nun entschlüsselten Chats als zulässiges Beweismittel in den kommenden Gerichtsverfahren verwendet werden dürfen. Die Richter kamen zu dem Entschluss, dass eine solche Verwertung rechtmäßig ist.

Zum Sachverhalt: 

Den französischen Behörden war es gemeinsam mit belgischen Ermittlungseinheiten gelungen, die Chatverläufe zu entschlüsseln und in Klarschrift abzubilden, welche über die Plattform „EncroChat“ geführt wurden. Diese Messenger-Plattform wurde vor allem in kriminellen Kreisen genutzt und galt aufgrund der Verschlüsselungstechnik durch die sogenannte „Blockchain“ als unknackbar. Die Verbrecher wiegten sich aufgrund dieser Technik in Sicherheit und konnten über die Plattform ohne Bedenken über illegale Aktivitäten kommunizieren. 

Entschlüsselung der Chats brachte viele kriminelle Aktivitäten ans Licht

Durch das Entschlüsseln der Chats kam es zu hunderten Verhaftungen in ganz Europa, worunter auch deutsche Staatsangehörige sowie in Deutschland ansässige Personen in Gewahrsam genommen wurden. Die deutschen Oberlandesgerichte, welche sich bereits mit dem Thema beschäftigt hatten, sahen bislang kein Beweisverwertungsverbot. Auch die Richter aus Düsseldorf sehen in der Verwendung der entschlüsselten Chats kein Verbot der Verwertung. 

Es handelt sich im vorliegenden Fall um konkrete Hinweise auf besonders schwere Straftaten, welche in denen in Deutschland wohnhaften Personen begangen wurden. Nach dem Legalitätsprinzip müssen die deutschen Strafverfolgungsbehörden diesen Hinweisen nachgehen. 

Vorwurf des Handels mit Betäubungsmitteln im großen Stil

Im konkret vorliegenden Fall handelt es sich hier um einen inhaftieren Angeklagten, welchen seitens der Duisburger Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird, in erheblichen Mengen den Handel mit Betäubungsmitteln getrieben zu haben. Manche der An – und Verkäufe sollen zudem bewaffnet und bandenmäßig vorgenommen worden sein, was eine Qualifikation des Straftatbestandes mit sich bringt. 

Die entschlüsselten Chats sind als Beweismittel verwendbar

Nach dem Ergebnis der Richter aus Düsseldorf steht der Verwendung von ausländischen Ermittlungsergebnissen in Form der entschlüsselten Chats kein Beweisverwertungsverbot entgegen; weder nach deutschem noch nach europäischem Recht für grenzüberschreitende Ermittlungshandlungen ausländischer Strafverfolgungsbehörden. Ein solches Verbot könne es aufgrund der besonderen Schwere der vorgeworfenen Taten nicht geben. Die Umstände und die Einzelfallabwägung der betroffenen Güter lassen es hier zu, dass die entschlüsselten Chats als Beweismittel in dem Verfahren herangezogen und verwertet werden können.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2021 – III-2 WS 96/21 –

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Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. 

Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana 

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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