Verkehrsunfallflucht: Keine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis bei Schaden unter 1.500,- €!

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Rechtstipp vom 7.11.2018

Die 8. Große Strafkammer des LG Braunschweig hat im Juli 2016 per Beschluss einen neuen Richtwert (1500,- € oder mehr) bezüglich des bedeutenden Schadens im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB aufgestellt. Man wich insoweit nach 14 Jahren erstmalig wieder von der ständigen Rechtsprechung ab, welche bereits ab 1300,- € einen solchen bedeutenden Schaden als gegeben sah.

Im vorliegenden Fall hatte der Beschuldigte beim Abbiegevorgang die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und war mit mehreren parkenden Fahrzeugen kollidiert, wobei ein Gesamtschaden von 1.387,54 € entstand. Aus Angst vor den drohenden Folgen ist er dann zunächst weitergefahren ohne eine nach den Umständen  angemessene Zeit abzuwarten, ob ein Feststellungsinteressent erscheine. Zwar kam der Beschuldigte zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zurück. Jedoch musste er dann feststellen, dass die beschädigten Fahrzeuge sich nicht mehr an Ort und Stelle befanden.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig stellte dann im April 2016 den Antrag, dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis umgehend vorläufig gem. § 111 a StPO zu entziehen, welchen das AG Braunschweig jedoch ablehnte. Gegen diesen Nichtabhilfebeschluss richtete sich sodann die Staatsanwaltschaft mit der Rechtsbeschwerde.
Diese hatte jedoch keinen Erfolg: So argumentierte die Staatsanwaltschaft, dass mit der ständigen Rechtsprechung davon auszugehen sei, dass hier bereits ab einem Schaden von 1300,- € eine Entziehung nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB erfolgen müsse und daher dringende Gründe im Sinne der vorläufigen Entziehung nach § 111a StPO gegeben seien.

Diese Ansicht wurde vom LG Braunschweig nicht geteilt. So könne bei der Interpretation ausfüllungsbedürftiger Tatbestandsmerkmale wie dem „bedeutenden Schaden“ im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB die allgemeine Geldentwicklung nicht außer Betracht bleiben. Es sei daher der seit dem Jahre 2002 unveränderte Wert nunmehr anzupassen.

Hierfür sei einziger belastbarer Anhaltspunkt für die durchschnittliche Preisentwicklung der Verbraucherpreisindex. Legt man diesen jedoch zu Grunde, ergibt sich seit dem Jahr 2002 eine Steigerung von 20,65 %, sodass der Verbraucherpreisindex nunmehr bei etwa 1.568,45 € liegt. Es sei daher angemessen, den Wert für einen bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ab dem Jahr 2016 auf mindestens 1.500,00 € festzusetzen (Beschluss des LG Braunschweig Juni 2016).

Hinweis:  

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

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