Ausnutzen der bestehenden Fehlfunktion eines Geldautomaten nicht strafbar?

 In Veröffentlichungen

Das Amtsgericht Karlsruhe musste im Jahre 2013 darüber entscheiden, ob eine Strafbarkeit des Computerbetruges nach § 263 a StGB besteht, wenn man einen Geldwechselautomaten aufgrund eines Defekts zur Gewinnbringung ausnutzt.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Geschädigte betrieb eine Spielhalle, welche mit Spielautomaten ausgestattet war, welche sowohl mit Geldscheinen als auch mit Geldmünzen bespielt werden konnten. Um den Kunden das Spielen mit kleineren Beträgen zu ermöglichen, stellte dieser einen Geldwechselautomaten auf, welcher bei Eingabe von Scheinen die Summe in Münzgeld wechselte und ausgab. Des Weiteren bestand die Funktion, mithilfe einer EC – oder Kreditkarte sich Münzgeld auszahlen zu lassen. Dadurch wurde das Konto des Auftraggebers durch das POS-System sofort mit einer Abbuchung belastet.

Dieser Automat war mit einem Defekt behaftet, welcher es den Benutzern erlaubte, Auszahlungen anzufordern, ohne dass mit der Karte verknüpfte Konto zu belasten. Diese Funktion bemerkte der Angeklagte zufälligerweise und nutzte diese im Laufe mehrerer Abende aus.

Das Amtsgericht wies eine Verurteilung auf Grundlage des § 263 a Abs. 1 StGB zurück und sprach den Angeklagten frei. Dies begründete die Richterin wie folgt:

Damit der Straftatbestand des § 263 a Abs. 1 StGB als erfüllt angesehen werden kann, müsse der Täter eine Handlung vollführen, welche einer Täuschungshandlung entspreche, falls es sich um einen Betrug gegenüber einer natürlichen Person im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB handeln würde. Aufgrund des Defekts, welcher sich im Algorithmus des maschinenbetreibenden Programmes niederschlug, liegt durch das Ausnutzen dieses Schlupfloches gerade keine Täuschungshandlung seitens des Täters vor. Er nutze lediglich die vorhandene Funktion der Maschine, welche jedoch nicht richtig funktioniert. Vorliegend hat der Angeklagte aber gerade keinen technischen Defekt im Münzwechselautomaten „herbeigeführt“, sondern lediglich diesen genutzt, was ein gravierenden Unterschied bezüglich der Strafbarkeit darstellt, denn somit kann dem Täter keine Täuschungssituation vorgeworfen werden.

Des Weiteren führte die Richterin aus, dass auch eine Strafbarkeit wegen Unterschlagung ausscheidet. Dass Geld, welches der Automat nach der vermeintlichen Belastung der Karte auszahlte, stellt sich für den Täter jedoch nicht als fremde bewegliche Sache im Sinne des § 246 Abs. 1 StGB dar, denn der Aufsteller des Automaten hat sich für solche Fälle nicht das Eigentum am Geld vorbehalten. Solange keine Ausnahmekonstellation besteht, welche beispielsweise durch die Regelung anhand von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschaffen werden kann, liegt eine wirksame Übereignung an den Täter vor, da er den Automaten ja rechtmäßig bedient und selbst keine Manipulation der Maschine vornimmt.

Mithin konnte der Täter die Auszahlungsfunktion des Münzwechslers mehrfach nutzen, ohne strafrechtliche Konsequenzen zu fürchten (AG Karlsruhe, Urteil vom 22.07.2013 – 15 Ds 341 Js 11203 / 11).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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