Münchner Amoklauf: Verkäufer der genutzten Waffe rechtskräftig verurteilt
Anfang 2019 hatten die Richter aus Karlsruhe einen Revisionsfall des Waffenverkäufers zu entscheiden, welcher den tragischen Amoklauf des David S. am 22. Juli 2016 in München ermöglichte.
Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Angeklagte Waffenverkäufer musste sich vor dem Landgericht München verantworten, welches den Betroffenen aufgrund mehrerer Waffendelikte, im Fall des Amoklaufes sogar in Tateinheit mit einer fahrlässigen Tötung in neun Fällen sowie einer fahrlässigen Körperverletzung in fünf Fällen, zu einer Gesamthaftstrafe von 7 Jahren verurteilte.
Um seine Anonymität zu gewährleisten, nutzte der Angeklagte Handelsplätze im sogenannten „Darknet“, auf welchen Kriminelle gesetzlich verbotene Waren zum Kauf und Verkauf anbieten. Er kommunizierte mit den Käufern über einen verschlüsselten Bitmessage-Dienst. Obwohl es üblich ist, dass solch kriminell-brisanten Waren anonym auf dem Postweg versendet werden, hat der angeklagten Waffenverkäufer seine Übergaben stets während eines persönlichen Treffens stattfinden lassen, so auch am 20. Mai 2016, als er David S eine Pistole des Typs „Glock-17“ sowie 567 Patronen verkaufte, welche als Tatwaffe des Münchner Amokläufers diente.
Gegen dieses Urteil richtet sich der Angeklagte mit einer Revision zum Bundesgerichtshof und fordert v.a. eine Überprüfung der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit.
Laut den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts hatte David S. niemanden in die Planung seines Vorhabens einbezogen, sondern handelte selbstständig und allein. Selbst der Angeklagte wusste nichts von den Plänen des David S, mit den soeben erworbenen Waffen einen erschreckenden Amoklauf im Münchner Olympiaeinkaufszentrum vorzubereiten. Bei den Verhandlungen über die Waffe habe sich dieser noch als junger Waffensammler ausgegeben, welcher lediglich ein Interesse an der Technik solcher Pistolen hegt.
Demnach lehnte das LG München die Verurteilung aufgrund Beihilfe zum Mord sowie Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung wegen mangelnden Vorsatzes ab. Die Strafbarkeit der Beihilfe fußt auf dem „Akzessioritätsprinzip“, demnach ist ein sogenannter „doppelter Beihilfevorsatz“ erforderlich, einmal hinsichtlich der vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat, andererseits hinsichtlich der eigenen Unterstützungshandlung. Da es der Waffenverkäufer jedoch in keinem Fall für möglich hielt, dass der 18-jährige David S. eines Amoklaufs fähig ist, so habe er auch nicht hinsichtlich der gleichen Unrechts – und Angriffsrichtung wie dieser gehandelt, was einen Eventualvorsatz und somit eine Beihilfestrafbarkeit ausschließt.
Dennoch ist die Verurteilung zur fahrlässigen Tötung, § 222 StGB in neun Fällen und fahrlässigen Körperverletzung, § 229 StGB in fünf Fällen seitens des Bundesgerichtshofes rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Sorgfaltspflichtsverletzung, welche zur Annahme einer Fahrlässigkeit führt, stellt hier der illegale Verkauf von Schusswaffen und Munition dar, was bereits an sich den Straftatbestand des § 52 Abs.1 Nr. 2 lit. c WaffG erfüllt. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der Anbahnung der Vertragsverhandlungen im „Darknet“ keine zuverlässige Kontrolle des Käufers der Waffe möglich ist, da auch dieser seine wirkliche Identität verschleiert und anonym agiert. Dass der Kauf einer funktionsfähigen Waffe es David S. ermöglicht, eine Anzahl von Menschen zu töten, ist sowohl objektiv als auch subjektiv für den Waffenverkäufer „vorhersehbar“ und nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung angesiedelt, womit eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit zu bejahen war.
Demnach verwirft der BGH die eingelegten Rechtsmittel als unbegründet, wodurch das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde (BGH, Beschluss vom 08.01.2019 – 1 StR 356/18).
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht