Befangenheit: Bereits bei Geheimabsprache zwischen Richter und Verteidiger!

 In Veröffentlichungen

Die Richter des Bundesgerichtshofes mussten sich im Januar 2019 seit längerer Zeit wieder mit der Befangenheit eines Richters gemäß § 24 Abs. 2 StPO beschäftigen und haben diesbezüglich weitere Konkretisierungen in ihrem Beschluss veröffentlicht.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im Jahr 2017 wurde vor dem Landgericht Berlin ein Strafverfahren gegen drei Angeklagte aufgrund bandenmäßigen Drogenhandels geführt. Am Ende des dritten Verhandlungstages kam es zwischen dem Vorsitzenden Richter der Strafkammer, einem weiteren Richter und den zwei Verteidigern eines Angeklagten zu einem geplanten Treffen. Dabei wurde diskutiert, ob der Mandant der Verteidiger nicht ein Geständnis ablegen möchte und bei der Aufklärung der Tatbeteiligung mit dem Gericht kooperiere, um so eine Strafmilderung zu gewährleisten. Aufgrund der nahen Verwandtschaft des erwähnten Angeklagten mit einem Mitangeklagten lehnten die Verteidiger eine Kooperation im Sinne eines Geständnisses über die Vorgänge zum Tatzeitpunkt ab. Der Vorsitzende Richter erwähnte nach Ende des Gespräches, dass über diese Verhandlungen Stillschweigen von höchster Priorität sei.

Nachdem die Verteidiger der restlichen zwei Mitangeklagten von dem Geheimtreffen erfuhren, stellten sie am nächsten Verhandlungstag unverzüglich Befangenheitsanträge gegen die beiden Richter.

Eine andere Kammer des Landgerichts Berlin prüfte die Anträge, sah jedoch keinerlei Besorgnis, was zur Zurückweisung der Befangenheit führte. Dies war auch dem Umstand geschuldet, dass laut Protokoll die übrigen Verfahrensteilnehmer am erwähnten Verhandlungstag, an dem auch die Befangenheitsanträge gestellt wurden, über die „Geheimabsprache“ informiert werden sollten, wozu es jedoch nicht kam. Zugleich folgte eine Verurteilung der Angeklagten wegen bandenmäßigen Drogenhandels.

Aufgrund dieses Umstandes legten zwei der drei Angeklagten gegen das Urteil Revision zum Bundesgerichtshof ein und begründeten Zweifel an der Entscheidung aufgrund der abgelehnten Befangenheitsanträge. In dieser Sache entschieden die Richter des BGH zu Gunsten der Angeklagten und hoben die Entscheidung der Strafkammer des Landgerichts Berlin auf. Die Richter hätten aufgrund der Geheimabsprache mit den Verteidigern nach § 24 Abs. 2 StPO abgelehnt werden müssen, was das Verfahren einer anderen Kammer des Landgerichts zugeleitet hätte, welche dann darüber hätte entscheiden müssen.

Der Gerichtshof betonte zudem, dass bei außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gesprächen mit einzelnen Angeklagten unter Ausschluss der Mitangeklagten besondere Zurückhaltung geboten sei, um jeglichen Anschein von Parteilichkeit zu vermeiden.

Diese Parteilichkeit sei jedoch im oben genannten Fall durch das mögliche Geständnis zu Lasten der Mitangeklagten zu erkennen, welches hinter verschlossenen Türen und ohne Kenntnis derer verhandelt worden wäre. Durch die mangelnde Konfrontation der Richter mit ihrer Person sei diesen eine Art Ungerechtigkeit widerfahren, welche aus Sicht der Mitangeklagten berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter aufkommen lassen konnte.

Die Befangenheit hätte lediglich durch sofortige Aufklärung aller Verfahrensbeteiligter durch den Vorsitzenden vermieden werden können. Nur so wäre jeder Anschein der Heimlichkeit vermieden worden.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.01.2019 – 5 StR 648/18 –

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht

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