Drogenabhängigkeit und verminderte Schuldfähigkeit

 In Veröffentlichungen

Der Bundesgerichtshof hat sich Anfang des Jahres bezüglich der verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ausgesprochen und eine solche in Bezug auf Drogenabhängigkeit nur in Ausnahmefällen gebilligt.

In dem zugrundeliegenden Fall musste sich ein Drogenabhängiger im Juli 2016 vor dem Landgericht Frankfurt am Main aufgrund mehrerer Diebstähle als auch einem besonders schweren Raub verantworten, weshalb er zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde. Obwohl der Angeklagte in Hohen Dosen Betäubungsmittel wie Crack, Heroin, Alkohol sowie Benzodiazepine zu sich nahm, ging das Gericht nicht von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Zwar habe der Angeklagte aufgrund der jahrelangen Abhängigkeit eine Persönlichkeitsveränderung durchlebt, da sich sein Leben nur noch allein um die Finanzierung, den Erwerb sowie den Konsum von Drogen gedreht habe, dennoch war er sich bezüglich der persönlichen Vorwerfbarkeit der begangenen Taten in vollem Bewusstsein.

Gegen dieses Urteil richtet sich der Angeklagte mit einer Revision zum Bundesgerichtshof.

Der Bundesgerichtshof führte seinerseits aus, dass eine durchgehende Drogenabhängigkeit an sich noch keine Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB begründe. Die Schuld des Täters müsse zum Tatzeitpunkt vermindert sein. Dies ist jedoch lediglich dann gegeben, wenn sich der Täter in einer ganz erheblichen Entzugssymptomatik oder einem akuten Intoxikationszustand während des Tathergangs befindet. Dies sei jedoch bei dem vom Angeklagten begangenen Taten nicht gegeben.

Vielmehr geht es ihm darum, seine dauerhafte Drogenabhängigkeit als „Dauerentschuldigungsgrund“ geltend zu machen und demnach auf all seine Einzeltaten anzuwenden. Diese Konstellation ist seitens des Bundesgerichtshof jedoch nur in extremen Ausnahmefällen zu gewähren. Dies wäre demnach nur der Fall, wenn es sich bei dem Angeklagten um einen Rauschgiftsüchtigen handelt, welcher jahrelang Betäubungsmittel missbraucht hat und dies zu einer schweren Persönlichkeitsveränderung geführt habe und der Täter zudem unter starken Entzugserscheinungen leidet und durch diese dazu getrieben wird, sich mittels Straftaten Drogen zu verschaffen, um seine Symptome zu lindern.

Da eine Persönlichkeitsdepravation seitens des Landgerichts Frankfurt angenommen wurde, ist besteht grundsätzlich die Möglichkeit zur Anwendung des § 21 StGB. Warum diese Persönlichkeitsveränderung eine erhebliche Verminderung der Steuerfähigkeit bewirkt haben soll, lässt sich den Urteilsgründen und Feststellungen des Landgerichtes jedoch nicht nachvollziehbar entnehmen. Der Angeklagte habe dies jedoch vorgetragen, jedoch müsse er beweisen, dass die Sucht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens im Sinne des § 21 StGB geführt habe. Da dies jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, ist der Fall zur Neuverhandlung an das Landgericht Frankfurt am Main zurückzuweisen.

Zudem ist es notwendig, dass ein weiterer Gutachter über den Zustand des Angeklagten entscheidet und neben körperlichen Beeinträchtigungen auch die psychischen Beweggründe für die kriminellen Vorgänge bewertet.

Letztendlich konkretisiert der Bundesgerichtshof die Annahme der verminderten Schuldunfähigkeit durch diesen Beschluss weiter und legt den Gerichten die Voraussetzungen der Annahme einer Schuldverminderung nach § 21 StGB offen, welche im Einzelfall durch detaillierte Feststellungen auch bei einer durchgehenden Drogenabhängigkeit bejaht werden kann.

BGH, Beschluss vom 18.01.2017  – 2 StR 436/16 –

Hinweis:

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Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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