Erhöhung der Regelbuße bei nicht geringfügiger Ordnungswidrigkeit?

 In Veröffentlichungen

Die Richter des Oberlandesgerichts Hamm mussten sich im Juli 2019 mit dem Begriff der „geringfügigen Ordnungswidrigkeit“ sowie dem Thema beschäftigen, ob vom Regelbußgeldsatz aufgrund überdurchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse des Beklagten abgewichen werden darf.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Das Amtsgericht hat den Betroffenen aufgrund fahrlässiger Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 210 EURO verurteilt und wich dabei zu 75 % „nach oben“ vom Regelbußgeldsatz 120 EURO ab, da vom Tatrichter geschätzt wurde, dass der Beklagte ein überdurchschnittliches Einkommen erzielt. Gegen diese Erhöhung der Regelgeldbuße richtet sich der Betroffene mit einer Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht.

Dies gab der zulässigen Rechtsbeschwerde jedoch aufgrund folgender Begründung nicht statt.

Einerseits ist es nach § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG möglich, in Ordnungswidrigkeitsverfahren bei Feststellung besonders außergewöhnlichen und guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen die vorgeschlagene Regelbußgeldsumme zu erhöhen. Die im Bußgeldkatalog als Anlage befindlichen Bußgeldregelsätze sind im Einzelnen systematische Zumessungsrichtlinien, welche sich nach dem Durchschnittseinkommen eines Arbeitnehmers in Deutschland von 3.339 EURO brutto richten. Das Gericht hat das Ziel, die Einzelfallgerechtigkeit herzustellen. Dies könne nach Argumentation der Richter in beide Richtungen ausschlagen und somit einerseits zur Senkung der Regelgeldbuße führen, um sozial-schwache Täter nicht zu stark zu belasten, jedoch andererseits auch eine Erhöhung der Geldbuße rechtfertigen, um eine gleichmäßige Sanktionsgewichtung zu erlangen.

Der Betroffene führt jedoch das Argument, dass eine Abweichung vom Regelsatz vor allem bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten nach § 17 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz OWiG nicht angewendet werden darf, eine solche jedoch hier vorliege. Die Richter nutzten die Chance zur Aufklärung und stellten klar, dass seit dem 01.05.2014 die Schwelle der Geringfügigkeit bei dem Regelsatz von 55 EURO endet. Alles was diesen Wert im Regelsatz übersteigt, ist nicht als geringfügig einzustufen und unterliegt demnach der richterlichen Korrekturmöglichkeit.

Da der Beklagte keine Angaben hinsichtlich seines Einkommens gegenüber den Behörden und Gerichten getätigt hatte und lediglich Kenntnis über seine Stellung als Geschäftsleiter einer Firma bestand, welche einen Jahresumsatz von ca. 25 Mio. EURO umfasst, musste sein Einkommen seitens des Tatrichters geschätzt werden. Diese Schätzung unterlag der Differenzierung gegenüber eines durchschnittlichen Arbeitnehmers. Die umfangreichen Informationen über die Firma des Beklagten reichten laut Ansicht der OLG-Richter aus, um eine hinreichende Schätzgrundlage anzunehmen, so dass dieser Methodik nichts entgegenstehe, solange sie keine offensichtlichen Fehler beinhaltet, was hier abzulehnen war.

Durch Abweisung der Rechtsbeschwerde machen die Richter des Oberlandesgerichtes klar, dass die Einzelfallgerechtigkeit auch durch die Erhöhung des Regelbußgeldsatzes bei außergewöhnlichen Umstand rechtmäßig sein kann.

Besitzen Sie ein überdurchschnittliches Einkommen und sind in ein Ordnungswidrigkeitsverfahren verwickelt, so ist es ratsam, die Vorgehensweise zuerst durch einen Fachanwalt prüfen zu lassen, um keine belastendere Verurteilung zu erhalten (OLG Hamm, Beschl. v. III 3 RBs 82/19).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht

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