Flucht vor Polizei – Widerstand gegenüber Vollstreckungsbeamten, § 113 StGB?

 In Veröffentlichungen

Der Bundesgerichtshof hatte sich im Jahre 2015 mit dem Thema zu beschäftigen, ab wann ein Widerstand gegenüber eines Vollstreckungsbeamten in einer Festnahmesituation zu bejahen sei.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Drei Zivilfahrzeuge der Polizei verfolgten einen Angeklagten, welcher ebenfalls mit einem PKW unterwegs war. Dieser hatte die Situation aufgrund des zivilen Erscheinens der Beamten noch nicht erkannt. An einer roten Ampel sollte der Zugriff auf den Fahrer erfolgen. Ein Fahrzeug stellte sich quer vor das Auto des Angeklagten, um eine Weiterfahrt zu unterbinden. Die beiden anderen Fahrzeuge hielten schräg hinter dem Smart des Verfolgten.

Die Beamten gaben sich zu erkennen und riefen laut und deutlich: „Polizei! Türen auf! Aussteigen!“

Erst jetzt erkannte der Angeklagte seine Situation, legte den Rückwärtsgang ein und versuchte sich aus seiner Lage freizusetzen, um einer Verhaftung zu entkommen. Beim Versuch, seinen Kleinwagen aus der Blockade der Zivilstreifenwägen zu „winden“, beschädigte er eines der Fahrzeuge und verletzte einen Polizisten am Knie. Danach stellte er den Fluchtversuch ein und ergab sich in das Gewahrsam der Beamten.

Fraglich ist, ob er neben der problemlosen Erfüllung einer Sachbeschädigung (§ 303) sowie dem Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 I Nr. 1 StVG) in Tateinheit auch durch das Zurücksetzen des Fahrzeuges bewusst und gewollt mit Gewalt Widerstand gegen die rechtmäßige Diensthandlung der Polizeibeamten geleistet hat.

Der BGH hat den Widerstand in seiner Entscheidung BGH NStZ 2013, 336 weitestestgehend definiert als eine aktive Tätigkeit gegenüber dem Vollstreckungsbeamten, welcher einen Nötigungscharakter enthalten müsse und somit die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme verhindert oder erschwert werden soll.

Die Gewalt muss somit vorsätzlich und unmittelbar oder mittelbar körperlich spürbar sein. Bloße Flucht vor der Polizei stelle noch keinen gewaltsamen Widerstand dar, auch wenn dadurch Dritte gefährdet oder unvorsätzlich verletzt werden.

Im oben geschilderten Fall wurde der Polizeibeamte bei der versuchten Flucht des Angeklagten jedoch nur unbemerkt von diesem durch das Zurücksetzen des Fahrzeuges verletzt. Diesem könne aufgrund der Unkenntnis über den Beamten auch kein bedingter Vorsatz bezüglich einer „Gewalthandlung“ unterstellt werden. Somit konnte hier keine gewaltsame, gezielt gegen den Vollstreckenden ausführende Handlung angenommen werden, was den Tatvorwurf entfallen lässt.

Falls ihnen ein solcher Vorwurf zur Last gelegt wird, sollten Sie diesen unverzüglich von einem Strafrechtsexperten prüfen lassen (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.01.2015 – 2 StR 204/14).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Johlige, Skana & Partner

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