Gebrauchen oder Herstellen einer gefälschten einfachen Urteilsabschrift ist keine Urkundenfälschung im strafrechtlichen Sinn!
Das OLG Hamm hat per Beschluss im Mai 2016 entschieden, dass das Gebrauchen oder Herstellen einer gefälschten einfachen Urteilsabschrift in der Regel keine Urkundenfälschung nach § 267 StGB darstellt.
Der Entscheidung lag dabei folgender Sachverhalt zu Grunde: Der als Rechtsanwalt tätige Angeklagte wurde vom Zeugen C zur Geltendmachung seiner etwaigen Restlohnforderungen gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber des C beauftragt. Zu einem Tätigwerden des Angeklagten zwecks der Rechtsverfolgung für seinen Mandanten kam es in Folge dessen jedoch nicht, obwohl er auf mehrmalige Nachfragen des C erklärte, dass eine Klage gegen den ehemaligen Arbeitgeber erfolgreich gewesen sei und sich nur noch die Zwangsvollstreckung in die Länge ziehe.
Nachdem der C dann beim zuständigen Arbeitsgericht Hamm nachforschte, eröffnete man ihm dort, dass das fragliche Gerichtsverfahren nicht in den Archiven zu finden sei. Als der C den Angeklagten nun aufforderte, ihm eine Kopie des Urteils auszuhändigen, fasste dieser sodann den Entschluss, dem Mandanten C eine Fälschung vorzulegen, was in den darauffolgenden Tagen auch so geschah. Dazu verwendete der Angeklagte neben der gerichtstypischen Schriftart auch das zugehörige Wappen des Arbeitsgerichts und erstellte ein fiktives Aktenzeichen „3 Ca 1431/11″.
Er druckte das Schreiben schließlich aus und versah es oben auf der ersten Seite mittig mit dem Stempelaufdruck „Abschrift“, wobei ein Beglaubigungsvermerk, bzw. das Wort „Ausfertigung“ nicht enthalten waren.
Das Landgericht sah das Verhalten des Angeklagten als Urkundenfälschung im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB an – er habe durch das Erstellen der vermeintlichen Urteilsabschrift eine falsche Urkunde hergestellt und durch die Übergabe an die Mandantschaft auch davon Gebrauch gemacht.
Zwar seien einfache Abschriften regelmäßig nicht als Urkunden anzusehen.
Vorliegend sei aber das Vorliegen der Urteilsabschrift als vermeintliche Erklärung der Behörde zu werten, dass tatsächlich ein Urteil bestehe.
Die Revision des Angeklagten erachtete das OLG Hamm schließlich jedoch als zulässig und begründet:
Der Ansicht des Landgerichts, dass eine Erklärung der Behörde über das Bestehen eines Urteils in der Urteilsabschrift zu sehen ist, könne nicht gefolgt werden. Insoweit ist bereits seit reichsgerichtlicher Rechtsprechung geklärt, dass eine einfache Abschrift, die von einer nicht existenten Urkunde gemacht wird, nicht bereits selbst zur Urkunde wird.
Auch die Tatsache, dass sowohl eine Täuschung über die bloße Existenz der Urteilsschrift als auch über deren Unterschrift und Verkündung vorliegt, mag noch nicht als Urkundenfälschung zu werten sein.
Darüber hinaus könne die hervorgehobene Bedeutung der heutigen zahlreichen Arten von Schriftstücken in Form von Fotokopien, Telefaxschreiben oder (ausgedruckten) Emails trotz deren erheblicher Beweiskraft grundsätzlich keine Urkundenqualität begründen. Nach alldem war das Urteil aufgrund von Rechtsgründen fehlerhaft und aufzuheben.
OLG Hamm, Beschluss Mai 2016
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