Gefährliche Körperverletzung? Gemeinschaftliches Hereinstürmen in eine Wohnung zur „Gesprächsklärung“ im Drogenhandel begründet keine Mittäterschaft an bereits vollendeter Körperverletzung!
Der 3. Strafsenat des BGH hatte sich im Februar 2017 mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit das gemeinsame Hereinstürmen zwecks einer Auseinandersetzung mit dem Wohnungsinhaber bereits die gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB erfüllt, wenn bereits im Vorfeld Körperverletzungshandlungen durch einen Beteiligten beendet worden waren.
Insoweit sei eine Zurechnung im Wege der sog. sukzessiven (nachfolgenden) Mittäterschaft
hinsichtlich der bereits abgeschlossenen Verletzungshandlungen ausgeschlossen.
Nach den Feststellungen des LG Aurich lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Infolge eines gescheiterten Drogengeschäftes sollte ein „klärendes Gespräch“ mit dem Geschädigten geführt werden. Hierfür begaben sich der Angeklagte und die gesondert verfolgten G. und R. zur Wohnung des Geschädigten.
Nachdem der G. zunächst versuchte, den Geschädigten wegen einer vermeintlichen Autopanne vor die Tür zu locken, dieser aber nicht darauf einging, versetzte der R. dem Geschädigten unvermittelt einen Faustschlag ins Gesicht. Zeitgleich rief er die inzwischen maskierten Begleiter – auch den hier Angeklagten – herbei. Diese stürmten sodann im gemeinsamen Bewusstsein, dass es zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommen sollte, herein.
Nach einer insgesamt unübersichtlichen Lage kam es zu weiteren Verletzungen des Geschädigten sowie der ebenfalls in der Wohnung anwesenden Zeugin F.
Das LG verurteilte den Angeklagten schließlich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Die dagegen gerichtete und auf die Sachrüge gestützte Revision hatte jedoch Erfolg:
Grundsätzlich erfordere die Mittäterschaft nicht zwingend die Mitwirkung am Kerngeschehen selbst, es könne auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag ausreichen, der sich auf Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlungen beschränkt. Jedoch sei Voraussetzung, dass diese Mitwirkung des sich Beteiligenden sich als Teil der Tätigkeit aller darstellt.
Dies sei hier aber fraglich gewesen, so der 3. Senat des BGH.
Die Mittäterschaft des Angeklagten sei bereits deshalb zweifelhaft, weil der gesondert verfolgte R. erst nach dem initialen Faustschlag den Angeklagten und die weiteren Beteiligten hineinrief. Ein zuvor gefasster gemeinsamer Entschluss zur gleichberechtigten arbeitsteiligen Deliktsbegehung oder ein Beitrag im Vorbereitungsstadium seien gerade nicht zu erkennen gewesen.
Auch die sukzessive (nachträgliche) Mittäterschaft müsse vorliegend ausscheiden, da die Vorstellung des Hinzutretenden darauf ausgerichtet sein muss, die Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges durch sein eigenes Handeln weiter zu fördern. Insoweit fehle es an hinreichenden Feststellungen.
Das Urteil war somit aufzuheben und – insbesondere zur Prüfung einer etwaigen Beihilfe des Angeklagten zur besagten Tat – an das LG zwecks erneuter Verhandlung zurückzuverweisen.
3. Strafsenat des BGH, Beschluss Februar 2017
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