MPU-Gutachtenanordnung mit falschen Ermächtigungsgrundlagen muss nicht befolgt werden!

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In dem vom Niedersächsischen OVG zu verhandelnden Fall wurde dem Antragsteller (AS) vom Antragsgegner, der Behörde, die Fahrerlaubnis entzogen. Gestützt wurde dies auf die Annahme der Nichteignung zum Führen von Kfz nach § 11 Abs. 8 FeV, nachdem das ärztliche Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nicht vorgelegt worden war.

Der Grund hierfür war eine Verurteilung des AS wegen unerlaubten Handelns mit Betäubungsmitteln, von der die Behörde Kenntnis erlangte hatte. Als Rechtsgrundlagen für die Anordnung wurden die § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 sowie S. 3 und § 11 Abs. 2 S. 3 FeV herangezogen. Zudem begründete die Behörde die Anordnung fehlerhaft damit, dass der AS Ecstasy erworben (statt verkauft) hätte.  

Der AS reichte Klage beim VG Oldenburg ein, welches jedoch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der Gutachtenanordnung mangels Ermessensfehler und die Zulässigkeit der Annahme der Nichteignung feststellte. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des AS vor dem OVG war zumindest teilweise erfolgreich.

Die Ermächtigungsgrundlage des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV räumt der Behörde kein Ermessen ein, wohingegen dies bei § 14 Abs. 1 S. 2 der Fall ist. Das OVG wies darauf hin, dass die Gutachtenanordnung ausdrücklich nur auf § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV gestützt worden sei. § 14 Abs. 1 S. 2 FeV habe keinerlei Erwähnung gefunden. Die Behörde habe daher das ihr in § 14 Abs. 1 S. 2 FeV eingeräumte Entschließungsermessen nicht ausgeübt, was jedoch vom VG ohne überzeugende Begründung angenommen worden sei. Ohne Ermessensausübung könne die Überprüfung einer fehlerfreien Ausübung aber nicht stattfinden. Darüber hinaus sei zu beachten, dass die Ausübung eines Auswahlermessens gem. § 14 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 S.3 FeV die eines Entschließungsermessen nicht ersetzen könne.

Die Tatsache, dass die Behörde u.a. § 14 Abs. 1 S. 3 FeV zitierte, darf zudem nicht zu der falschen Schlussfolgerung führen, die Behörde habe im Ergebnis doch ein Ermessen ausgeübt. Denn bei genauerer Betrachtung habe die Behörde zum einen ja § 14 Abs. 1 S. 1 FeV angeführt, was zeige, dass sie von der Verpflichtung zur Anordnung ausging und es daher sinnwidrig wäre, zeitgleich einen Willen zur Ermessensausübung anzunehmen. Zum anderen beinhalte die Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 S. 3 FeV die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologisches und nicht nur eines ärztlichen Gutachtens.  

Das OVG hielt schließlich fest, dass ein Fahrerlaubnisinhaber einer Gutachtenanordnung grundsätzlich nicht Folge zu leisten habe und somit auch nicht auf die mangelnde Fahreignung geschlossen werde könne, wenn im Bescheid allein nicht einschlägige Ermächtigungsgrundlagen genannt würden. Der von der Behörde zitierte  § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 war hier nicht einschlägig, weil er die Einnahme von Betäubungsmitteln voraussetzt und es insoweit an Tatsachen, die die Annahme gerechtfertigt hätten, dass der AS selbst Ecstasy einnahm, fehlte. Für eine solche Annahme reiche auch eine Zusammenschau des Drogenbesitzes zu Verkaufszwecken und der gelegentliche Cannabiskonsum des AS nicht aus (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 26.09.2019, 12 ME 141/19).

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Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht

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