„Sie können mich mal…“ – keine zwangsläufige Beamten-Beleidigung nach § 185 StGB

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Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem Beschluss aus dem Jahre 2004 festgestellt, dass Redewendungen, welche mehrdeutige Äußerungen enthalten, nicht pauschal als eine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB zu behandeln sind. Es ist seitens der Gerichte demnach besonders auf die Umstände zu achten, vor allem auf den Kontext, in welchem die kritisierende Aussage gefallen ist.

Im vorliegenden Fall basierte der Beschluss auf folgendem Sachverhalt:

Der Angeklagte hatte gegenüber einer Gemeindevollzugsbeamtin die Worte „Wissen Sie was, Sie können mich mal …“ geäußert, worauf diese einen Strafantrag nach § 194 StGB stellte und es zu einer Verhandlung vor dem Landgericht kam. Aus Sicht der Richter am Landgericht Karlsruhe ist in der Aussage gegenüber der Beamtin eine Beleidigung ersichtlich. Es folgte die Verurteilung des Angeklagten zu einer Geldstrafe von 540 €.

Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte eine Revision zum Oberlandesgericht ein. Die Richter der Revisionsinstanz entschieden, dass die Erwägungen des Landgerichts eine Verurteilung wegen Beleidigung im Sinne des § 185 StGB nicht tragen konnten. Es fehle demnach an der konkreten Kundgabe einer Missachtung oder Nichtachtung gegenüber der direkten Person. Zwar erfolgte mit der Aussage eine sogenannte „Kundgabe“ gegenüber der Beamtin, dennoch zweifeln die Richter an der Feststellung der zweifelsfreien „Missachtung“. Die Aussage an sich habe nach Auffassung des Oberlandesgerichts keinen eindeutigen negativen Bedeutungsinhalt enthalten.

Vielmehr ist durch den Abbruch des Satzes eine Kunstform der Mehrdeutigkeit eingesetzt werden, welche dazu führt, sich in hypothetische Aussagen zu flüchten. Solche können jedoch vor einem Strafgericht nicht geltend gemacht werden. So sei bei solchen nicht zweifelsfreien Aussagen auch immer der Grundsatz „in dubio pro reo“ zu beachten, welcher es verlangt, die harmloseste Auslegung von nicht festgestellten Tatsachen zu wählen. Hier nutzten die Richter des OLG das Beispiel, dass der Angeklagte auch hypothetisch ausformulieren wollte, dass die „Beamtin ihn gern haben könnte“. Die Richter betonten, dass es demnach notwendig ist, eine Verbindung mit einem herabwürdigenden Zusatz und dem Verständnis des Dritten in der konkreten Situation auch ausreichend abzuwägen. Zwar sei hier offensichtlich, dass mit dem Abbruch des Satzes eine Diskreditierung erfolgen sollte, jedoch bleibt der Gegenstand der Diskreditierung, welcher den Beleidigungstatbestand des § 185 StGB erfüllt, im vorliegenden Fall aus.

Das Landgericht Karlsruhe habe sich nach Ansicht der Richter des Oberlandesgerichts nicht hinreichend mit der Äußerung des Angeklagten in der konkreten Situation beschäftigt seine Bewertung nicht von anderen denkbaren Auslegungsinhalten abgegrenzt. Die pauschale Annahme einer Beleidigung verbiete sich hier, wenn keine Feststellung zur konkreten Ehrverletzung seitens des Tatgerichts vorliegt. Aufgrund dieser Umstände hob das OLG das Urteil des LG auf und wies die Sache zur Neuentscheidung an das LG zurück.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 01.06.2004 – 1 Ss 46/04 –

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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