Umweltplakette: gilt auch im ruhenden Verkehr?

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Was vor allem Fahrzeugführer älterer Kraftfahrzeuge betrifft, sind die zahlreichen Umweltzonen, welche meist in größeren Ballungsgebieten festgelegt werden, um die Feinstaubbelastung vor Ort zu reduzieren. Passiert man eine solche Zone mit einem Fahrzeug ohne Umweltplakette oder unzureichender Schadstoffklasse, so erfüllt man den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit, welche aufgrund der neuen StVO-Novelle vom 28.04.2020 mit einem Bußgeld von 100 EURO geahndet wird.

Im Jahr 2018 hat eine Entscheidung des Amtsgerichtes Marburg (Beschl. v. 25.02.2018 – 52 OWi 2/18) für Aufruhr in Verkehrsrechtskreisen gesorgt. Demnach solle die Plakette nur bei der Bewegung des Fahrzeuges gelten, das Parken ohne Plakette sei demnach restriktiv auszulegen, da durch diese Handlung kein Feinstaubausstoß erwirkt wird und die Plakette sinngemäß nur für den fließenden Verkehr Bedeutung entfaltet.

Der Beschluss aus Marburg erfährt nun Gegenwind aufgrund der Entscheidung des Amtsgericht Köln vom 02.05.2019 (813 OWi 5/19). Diesem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Betroffene habe sein Fahrzeug am 14.04.2018 in einer Umweltzone (Zeichen 270.1 – Grüne Plakette als Voraussetzung) geparkt, ohne die erforderliche Plakette aufzuweisen. Nachdem keinerlei Angaben zum Fahrzeugführer gemacht wurden, wurde das Bußgeldverfahren daraufhin eingestellt. Die Kosten wurden dem Fahrzeughalter auferlegt. Dagegen wehrt sich der Betroffene mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Mit einem Schreiben vom 11.03.2019 beruft er sich auf den Beschluss des Amtsgerichts Marburg, wonach keine Haftung des Halters bei Halten oder Parken des PKW in der Umweltzone ohne grüne Plakette bestehe.

Das Amtsgericht Köln teilt diese Rechtsauffassung jedoch nicht. Die Vorschrift des § 25 a StVG soll auch auf Parkvorgänge angewandt werden, wenn ohne Feinstaubplakette in ausgewiesenen Umweltzonen geparkt wurde. Das Zeichen 270.1 (Umweltzone) soll demnach auch im ruhenden Verkehr Anwendung finden, was auch ein Parken/Halten ohne Plakette in den Tatbestand integriert.

Als Begründung dafür zitiert das Gericht die 46. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 01.09.2009. Demnach findet sich in der Gesetzesbegründung „BRDrs 153/09“, dass das Umweltzonen-Zeichen auch den ruhenden Verkehr umfassen soll. Als Sinn und Zweck der Begründung wird angeführt, dass es sonst zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten kommen könnte, welche dem legitimen Zweck des Einführens der Umweltzone zuwiderlaufen könnte. Des Weiteren stellt diese Auslegung sicher, dass auch im ruhenden Verkehr festgestellte Verstöße geahndet werden können, was eine Kostentragungspflicht nach § 25 a StVG nach sich zieht und eine Entlastungsmöglichkeit für die Verwaltungsbehörde mit sich bringt.

Letztendlich handelt es sich hier lediglich um amtsgerichtliche Entscheidungen erster Instanz. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Frage um das „Parken ohne Plakette“ weiterentwickelt. Zurzeit ist leider kein ähnlicher Sachverhalt bei einem höherrangigen Gericht anhängig, welcher nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Klarheit bringen könnte. Der Konflikt zwischen dem AG Marburg sowie dem AG Köln bestätigt jedoch einen weiten Interpretationsraum der richterlichen Auslegung.

Falls Sie demnach in einen solchen Fall verwickelt wurden, ist es ratsam, einen Verkehrsrechtsexperten mit der Sache zu betrauen, um eine effiziente Verteidigung zu gewährleisten. Da die Rechtsprechung auf diesem Gebiet noch nicht gefestigt ist, bestehen hohe Chancen auf eine günstigere Einzelfallentscheidung, welche dann die Aufhebung des Bescheides mit sich bringen könnte.

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht

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