Wohnungsdurchsuchung: Keine Verwertung von zufällig sichergestellten Gegenständen!

 In Veröffentlichungen
Das LG Kiel hat per Beschluss im April 2016 eine Wohnungsdurchsuchung, welche Zufallsfunde von Beweismitteln zur Folge hatte, zum Teil für rechtswidrig erklärt.
Die Staatsanwaltschaft ermittelte im vorliegenden Verfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz in Tateinheit mit Bedrohung gem. § 241 StGB.
Anlass war eine Streitigkeit zweier Gruppen innerhalb des Rotlichtmilieus. Hierbei bezeichnete einer der Beteiligten alle Kuttenträger als „Schwanzlutscher“, woraufhin der Beschuldigte eine halbautomatische Waffe unbekannten Fabrikats mit den Worten „Soll ich zu Ende bringen, was du angefangen hast?“ unter gleichzeitigem Zielen auf den Beteiligten, zog. Gemeint war hierbei ein Versuch des Betroffenen in der Vergangenheit, sich per Kopfschuss selbst das Leben zu nehmen.
In Folge dessen erließ das AG Kiel im Januar 2016 auf Antrag der Staatsanwaltschaft hin einen Durchsuchungsbeschluss.
Man stütze sich hierbei auf die Vermutung, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln in Form einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition führen würde.
Neben der besagten Waffe wurden dann bei der Vollstreckung des Durchsuchungsbeschlusses zudem drei Handys, ein Tablet und zwei Laptops sichergestellt, wobei der anwesende Verteidiger des Beschuldigten der Sicherstellung der letztgenannten Gegenstände ausdrücklich widersprach.
Schließlich stellte die Staatsanwaltschaft noch am Tag der Sicherstellung den Antrag beim AG Kiel, die Beschlagnahme der unabhängig von der Schusswaffe sichergestellten technischen Gegenstände zur Durchsicht gem. §§ 110 Abs. 3 S.2, 98 Abs. 2 S. 1 StPO zu bestätigen. Hierbei führte sie an, dass anzunehmen sei, dass die Durchsicht zu Erkenntnissen bezüglich der beschriebenen Tat führt und hierbei insbesondere Standortdaten der Beteiligten oder ggf. Bilder des Beschuldigten mit der Tatwaffe zu Tage gefördert werden könnten.
Das AG Kiel lehnte diesen Antrag jedoch ab, woraufhin sich die Staatsanwaltschaft mit der Rechtsbeschwerde wendete.
Diese konnte jedoch keinen Erfolg haben, so das LG Kiel:
So ergebe sich aus dem Durchsuchungsbeschluss im Januar 2016, dass die Durchsuchung lediglich zum Auffinden der halbautomatischen Waffe angeordnet worden ist. Es fehle hierbei insbesondere an der konkreten Bezeichnung der anderen Beweismittel. Aufgrund der Grundrechtsintensität der Wohnungsdurchsuchung müsse ein Durchsuchungsbeschluss eine unabdingbare Eingrenzungsfunktion erfüllen, sodass eine Durchsuchung über den Inhalt dieses hinaus als unzulässig anzusehen ist.
Schließlich durften die Gegenstände auch nicht als sog. „Zufallsfunde“ zur weiteren Durchsicht sichergestellt werden. Hierbei gelte, dass derartige „Zufallsfunde“ nur rechtmäßig verwertet werden dürfen, wenn sie auf eine Verübung anderer Staftaten hindeuten, also gerade nicht den Ausgangsvorwurf betreffen.
LG Kiel April 2016
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