Alkoholfahrt: nicht eingehaltene Kontrollzeit von 10 Minuten macht Messungen unverwertbar

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Das OLG Dresden hat in einem aktuellen Beschluss klargestellt, dass eine Alkoholmessung, bei der die Kontrollzeit von 10 Minuten nicht eingehalten wurde, dann nicht verwertbar ist, wenn der Grenzwert gerade erreicht oder nur geringfügig überschritten wurde.

Sachverhalt: Der Betroffene führte am 7.12.2018 unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt um 1:18 Uhr einen Pkw mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr. Die Festgestellte Atemalkoholkonzentration betrug 0,26 mg/l. Die Feststellung der Atemalkoholkonzentration erfolgte mit dem Gerät Dräger AL-Cotest 9510 DE.

Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene während der Kontrollzeit von 10 Minuten vor Beginn der Messung ein Lutschbonbon „Fisherman’s Friend“ im Mund hatte. Dieses hatte er zu Beginn der Messung verschluckt. Das durch den Bußgeldrichter eingeholte Gutachten bewies, dass das Lutschen des Bonbons in der Kontrollzeit keinen Einfluss auf die Messung hatte. Der Bußgeldrichter ging daher von einer Atemalkoholkonzentration von 0,26 mg/I nach Durchführung der Beweisaufnahme aus.

Das Gericht begründete seinen Beschluss u.a. wie folgt:

Bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich vorgesehen, dass bei der Atemalkoholbestimmung nur Messgeräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamtes gestellten Anforderungen genügen (BGHSt, 46, 358 ff.). Nach diesem Gutachten des Bundesgesundheitsamtes besteht für das Messverfahren neben dem Erfordernis einer Kontrollzeit von zehn Minuten vor der Atemalkoholmessung unter anderem die Vorgabe, dass zwischen der Beendigung der Alkoholaufnahme (Trinkende) und der Atemalkoholmessung ein Zeitraum von 20 Minuten verstrichen sein muss. Die vorgeschriebene Kontrollzeit von zehn Minuten vor der ersten Messung dient dazu, die Gefahr der Verfälschung der Messwerte durch Mund- oder Mundrestalkohol auf das Messergebnis auszuschließen. In der sogenannten Kontrollzeit von zehn Minuten muss gewährleistet sein, dass der Betroffene keinerlei Substanzen mehr zu sich genommen hat (OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2006, 250).

Wenn diese Kontrollzeit von zehn Minuten nicht eingehalten wird, muss dies zumindest in den Fällen, in denen der Grenzwert gerade erreicht oder nur ganz geringfügig überschritten worden ist, zur Unverwertbarkeit der Messung führen.“

Nur unter der Voraussetzung, dass binnen eines Zeitraumes von zehn Minuten vor der Messung der Betroffene keinerlei Substanzen, insbesondere alkoholhaltiger Art, mehr im Rachenraum hatte, kann mit Sicherheit gewährleistet werden, dass das mittels des Messgerätes Dräger Evidential 7110 bzw. Dräger ALCOTEST 9510 DE gewonnene Ergebnis nicht durch Rückstände im Rachenraum beeinträchtigt worden ist. Demnach liegt nur bei Einhaltung dieser Kontrollzeit – jedenfalls bei bloßem Erreichen des Grenzwertes bzw. bei nur geringfügiger Überschreitung desselben – ein verwertbares Messergebnis vor.

Mit den Feststellungen des Amtsgerichts in den Urteilsgründen ist somit nicht der Nachweis erbracht, dass sich der Betroffene zur Tatzeit im Sinne des § 24 a Abs. 1 OWiG ordnungswidrig verhalten hat.

Beschluss, OLG Dresden vom 28.04.2021

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Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. 

Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana 

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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