Atemalkohol-Messung und Fehler durch Hypoventilation? tatrichterliches Ermessen entscheidet
Das OLG Zweibrücken musste sich in einer Entscheidung aus dem Februar 2019 mit der Glaubwürdigkeit und Fehleranfälligkeit von Atemalkoholmessungen – sowie deren Geräten auseinandersetzen.
Nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Amtsgerichtes befuhr der Betroffene mit seinem PKW eine Straße in Edesheim, in welcher eine polizeiliche Kontrolle durchgeführt wurde. Als Routineuntersuchung der Beamten wurde ein Atemalkoholtest mit dem Gerät ALCOTEST 9510 der Firma Dräger durchgeführt. Beide kurz hintereinander durchgeführte Analysen ergaben eine Atemalkoholkonzentration von 0,250 mg/l.
Das Amtsgericht ging von dem Umstand aus, dass es sich um ein korrektes, nicht durch äußere Einflüsse zu Ungunsten des Betroffenen veränderten Messergebnis handelte.
Der Betroffene ließ sich jedoch demnach ein, dass er behaupte, dass die Atemalkoholkonzentration durch das Gerät fehlerhaft festgestellt wurde, da es zu einem Hypoventilationsfehler kam. Davon ist die Rede, wenn die Atmung in das Gerät als zu oberflächlich oder zu langsam geschehe und demnach die gemessenen Stoffe durch die Sensoren nicht ausreichend ausgewertet werden können.
Dies wurde vom Tatrichter jedoch nicht weiterhin gewürdigt, da es sich im rechtlichen Ausgangspunkt um ein sogenanntes „standartisiertes Messverfahren“ handelt, bei dem etwaige Messfehler nicht zu rügen sind, solange keine konkreten Anhaltspunkte für solche Fehler behauptet wurden oder in irgendeiner Art und Weise ersichtlich sind (dazu: Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 31.01.2007 – 2 Ss (OWi) 228 B/06).
Des Weiteren wurde die Behauptung einer Fehlmessung von den Beamten dementiert, da dass Gerät in solchen Fällen einer Hypoventilation einen Fehler ausgeben müsse und die Messung unterbrochen werde. Durch zweifache Durchführung der Messung mit vergleichbaren Werten sei eine solche Behauptung wohl haltlos. Demnach urteilte das Amtsgericht, dass es sich bei der Einlassung des Angeklagten lediglich um eine Schutzbehauptung handele.
Dagegen wandte sich der Betroffene mit einer Rechtsbeschwerde, welche die Entscheidung zum OLG Zweibrücken führte. Dort wurde festgestellt, dass die Hypoventilationseinlassung zwar als Schutzbehauptung zu kategorisieren sei, das Amtsgericht dies jedoch nicht tragfähig begründete. Zwar habe das Amtsgericht richtig erkannt, dass die Maßstäbe des standartisierten Messverfahrens angewendet werden können, jedoch hat es die Fehlerquellenwahrscheinlichkeit des Gerätes nicht hinreichend begründet.
Das OLG kam zu dem Entschluss, dass eine fehlerhafte Messung unter besonderen Umständen in Betracht komme. Diese könne auch hier durch eine zweifach hintereinander angewandte Atemtechnik entstehen, da die Fehlermeldung einer Hypoventilation erst beim zweiten Versuch in Differenz zum ersten Versuch ordnungsgemäß angezeigt werden kann. Wenn es bei beiden Versuchen jedoch bereits zu einem Fehler gekommen ist und die technische Anzeige versagt hat, so kann dies im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden.
Dieser Punkt wurde vom Amtsgericht nicht ausreichend in Erwägung gezogen. Das OLG hat die Entscheidung demnach wieder zurück an das Amtsgericht verwiesen, mit der Bemerkung, dass die Glaubhaftigkeit einer solchen Einlassung unter Berücksichtgung der übrigen Gesamtumstände kritisch zu hinterfragen sei und dies allein der tatrichterlichen Würdigung obliege.
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 07.02.2019 – 1 OWi 2 Ss Bs 83/18
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Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Strafrecht