Bundesgerichtshof bestätigt in weiten Teilen das Urteil des „Berliner Raser-Falles“ wegen Mordes

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Brandaktuell hat sich der BGH am 18.06.2020 mit der zweiten Revisionsentscheidung bezüglich des Ku´damm Raser-Falles zu Wort gemeldet. Der für Verkehrsstrafsachen zuständige IV. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nun über den zweiten Rechtsgang des Landgerichts Berlin entschieden und das Urteil teilweise an das Strafgericht zur Neuverhandlung zurückverwiesen.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt in Kürze zugrunde:

Die beiden Angeklagten lieferten sich am 01.02.2016 auf dem Berliner Kurfürstendamm ein Autorennen, wobei die Beiden auf solche Geschwindigkeiten beschleunigten, dass einer der beiden Teilnehmer aufgrund der rechtmäßigen Vorfahrt eines Straßenverkehrsteilnehmers nicht mehr rechtzeitig bremsen und ausweichen konnte und es zu einer Kollision kam, bei der der Unbeteiligte ums Leben kam.

Das Landgericht Berlin hatte die beiden Angeklagten im ersten Rechtsgang spektakulär aufgrund eines mittäterschaftlich begangenen Mordes nach § 211 Abs. 2, 25 Abs. 2 StGB zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Die Besonderheit des Falles lag v.a. in der Annahme eines Tötungsvorsatzes in Form einer Billigung der Schädigung anderer Verkehrsteilnehmer aufgrund der Rücksichtslosigkeit der Rennhandlung. Gegen dieses Urteil wurde zum ersten Mal Revision eingelegt, welche den Fall zum Bundesgerichtshof führte. Die Richter in Karlsruhe hoben das erste Urteil auf und haben die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.

Im zweiten Rechtsgang hat das Landgericht Berlin die beiden Angeklagten nunmehr erneut unter anderem wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Auch dagegen wandten sich die Angeklagten mit einer erneuten Revision zum Bundesgerichtshof.

Die Revision des am Unfall unmittelbar beteiligten Angeklagten hat der Senat verworfen, den Schuldspruch wegen Mordes bestätigt und lediglich eine Schuldspruchkorrektur vorgenommen. In der Begründung gehen die Richter erneut auf die billigende Inkaufnahme eines schweren Verkehrsunfalles mit tödlichen Folgen für den Unfallgegner ein und kommen zu dem Ergebnis, dass die Feststellung des bedingt vorsätzlichen Handelns durch das Landgericht keinerlei Rüge bedarf. Die Tatrichter haben die Umstände außerordentlich sorgfältig abgewogen und etwaige Besonderheiten des atypischen Falles ausreichend gewichtet und begründet. Lediglich die Ausführungen zum Mordmerkmal der Tötung mit einem „gemeingefährlichen Mittel“ weisen Rechtsfehler auf. Diese wirke sich jedoch nicht auf den Strafausspruch aus, da weitere Mordmerkmale der Heimtücke sowie der Tötung aus niederen Beweggründen hinreichend gewürdigt und erfüllt wurden. Das Urteil gegen den unmittlebar mit dem verstorbenen Unfallgegner kollidierenden Angeklagten ist somit rechtskräftig.

Hinsichtlich des Mitangeklagten, wessen Fahrzeug nicht mit dem des Unfallopfers kollidierte, hat der Senat das Urteil insgesamt aufgehoben. Nach Aussage der Richter konnte die Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes konnte keinen Bestand haben, weil die Beweiswürdigung des Landgerichts die Feststellung eines gemeinsamen, auf die Tötung eines Menschen gerichteten Tatentschlusses nicht vollständig trägt. Das Landgericht habe sich zwar ausführlich mit dem Vorsatz des kollidierten Fahrers auseinandergesetzt, jedoch keine ausreichende Würdigung des Vorsatzes des Mitangeklagten an den Tag gelegt. Es mangelt somit an der mittäterschaftlichen Zurechnung der Tat des Unfallverursachers. Das Landgericht führt in seinem Urteil zwar aus, dass das Zufahren auf die Kreuzung durch das Straßenrennen einen Tatplan beinhalte, welcher konkludent auf die gemeinsame Tötung eines anderen Menschen ausgeweitet werden könne, begründet diese Annahme jedoch nicht in voller Sorgfalt. Laut BGH liege diese Annahme jedoch fern, da der Mitangeklagte sich nach den bisherigen Feststellungen lediglich auf das Rennen fokussierte. Ein Eventualvorsatz könnte auch in diesem Fall angenommen werden, bedarf jedoch einer tiefergehenden Begründung.

Somit hat das Landgericht Berlin nun zum dritten Mal das Ruder in den Händen, was den Raser-Fall jetzt schon zu einem der spektakulärsten Strafprozesse der Bundesrepublik macht. Möglicherweise hat auch der Bundesgerichtshof in Karlsruhe bei der dritten Runde die Chance, ein Wörtchen mitzureden. Es bleibt spannend (BGH 4 StR 482/19 – Urteil vom 18. Juni 2020).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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