Bußgeldbescheid: Selbstangabe einer anderen Person als Fahrzeugführer bei der Verkehrsordnungswidrigkeit = straflos!
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat im April 2017 durch einen Beschluss festgestellt, dass es straflos sei, jemand anderen dazu zu bringen, sich gegenüber einer Behörde als Fahrzeugführer auszugeben, obwohl ein anderer die Verkehrsordnungswidrigkeit begangen habe.
Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein Anwalt riet seinen zwei Mandanten, die Täter einer Verkehrsordnungswidrigkeit waren, eine ähnlich aussehende Person darum zu bitten, sich als Täter gegenüber der Bußgeldbehörde auszugeben. Damit sollte erreicht werden, dass die Bußgeldverfahren gegen die mutmaßlichen Täter geführt und nach gegebener Zeit gegenüber den Behörden die tatsächlichen Täter angegeben werden, was zur Einstellung des Verfahrens oder zum Freispruch der mutmaßlichen Täter führen soll. Ziel dieser Strategie war, dass aufgrund des Zwischenverfahrens genug Zeit gewonnen wird, damit dem Verfahren gegen die tatsächlichen Täter das Hindernis der Verjährung entgegensteht.
Nachdem die Staatsanwaltschaft Heilbronn dies erkannte, reichte diese eine Anklage gegen den Anwalt ein, da dieser aus Sicht der Beamten seine Mandanten zu einer falschen Verdächtigung anstiftete, welche in mittelbarer Täterschaft begangen wurde.
Das Landgericht Heilbronn ließ die Anklage jedoch nicht zu, denn aus Sicht der Strafkammer fehlte es an der zur Anstiftung erforderlichen Haupttat. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde ein.
Das Verfahren wurde an das Oberlandesgericht Stuttgart geleitet, jedoch auch dort abgewiesen. Die Richter sahen keine Anstiftung nach § 26 StGB durch den Rat des Anwalts gegenüber seinen Mandanten, weil die erforderliche Haupttat durch die Mandanten, welche hier eine falsche Verdächtigung nach § 164 StGB darstellen sollte, nicht erfüllt sei. In der Selbstbezichtigung der mutmaßlichen Täter könne keine anstiftungsfähige Tat gesehen werden, da diese gegenüber der Bußgeldbehörde straflos sei.
Zudem haben sich die tatsächlichen Täter nicht wegen falscher Verdächtigung schuldig gemacht, denn diese hätten keinerlei Tatherrschaft über diese Selbstbezichtigung besessen, welche für die Erfüllung des § 164 StGB notwendig sei. Die mutmaßlichen Täter seien keine bloßen Werkzeuge gewesen, welche ein sogenanntes „Strafbarkeitsdefizit“ aufwiesen, sondern haben vielmehr voll verantwortlich gehandelt und die komplette Sachlage richtig erfasst und überblickt.
Somit konnte den tatsächlichen Tätern lediglich eine Anstiftungshandlung zugrunde gelegt werden, da Sie bei ihren Bekannten eine Art Tatentschluss zur Selbstbezichtigung hervorgerufen haben, welche jedoch straflos sei.
Somit sei die komplette Strafbarkeitskette aufgrund mangelnder Haupttat aufgelöst, was zu einem Freispruch des Rechtsanwalts als auch dessen Mandanten führte (OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.04.2017 – 1 Ws 42/17 ).
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Strafrecht