Das medizinisch-psychologische Gutachten (MPU) und dessen Anforderungen

 In Veröffentlichungen

Der bayerische Verwaltungsgerichtshof musste sich im August 2018 unter dem Aktenzeichen „11 CS 18.1270“ mit verschiedenen Anforderungen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auseinandersetzen.

Dem Fall ist folgender Sachverhalt zugrunde zu legen:

Dem Beschuldigten werden zwei Verkehrsordnungswidrigkeiten mit erhöhter Blutalkoholkonzentration zugrunde gelegt. Das zuständige Landratsamt fordert den Beschuldigten auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, um den Beweis zu erbringen, dass er zum Führen von KFZs geeignet ist.

Bezüglich des Gutachtens wurden vom BayVGH verschiedene Anforderungen herausgearbeitet:

  1. Ein Gutachten ist nicht als „schlüssig und nachvollziehbar“ anzusehen, wenn dessen Feststellungen nicht in Einklang miteinander stehen.

In diesem Fall kritisierten die Richter die Ausführung des Gutachtens, in welchem einerseits eine ausreichende und situationsangemessene Kooperation des Gutachtenerbringers positiv hervorgehoben, andererseits aber bemängelt wurde, dass das Gesprächsverhalten für den Erhalt von Hintergrundinformationen nicht ausreichend gewesen sei.

  1. Bei einem Fahrerlaubnisentzug ist es Sache der Faherlaubnisbehörde, die Tatsachen zu ermitteln, welche den Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen. Die Verpflichtung des Betroffenenen gilt nur für die Mitwirkung zur Aufklärung schon bekannter Tatsachen. Eine Behilfspflicht zur Begründung unbekannter Tatsachen kann aus diesem Grundsatz nicht abgeleitet werden. Kommt die Behörde zu keinem eindeutigen Entschluss der Fahruntauglichkeit, so ist eine Fahrerlaubnisentziehung nicht anzuordnen.
  2. Die Behörde berief sich weiterhin darauf, dass ein nicht fristgerecht vorgelegtes Gutachten die Ungeeignetheit des Betroffenen indiziere. Dies dementierten die Richter des Verwaltungsgerichts jedoch und wiesen darauf hin, dass eine nicht fristgerechte Einbringung der Auflage lediglich ein Indiz für die Ungeeignetheit des Betroffenen darstellt, jedoch keine sofortige Begründung. Die Frist zur Einbringung stellt in dieser Hinsicht keine Ausschlussfrist dar.
  3. Letztendlich argumentierte der Betroffene die Verzögerung der Einbringung mit Grund, dass er die Nachbesserung des unzulänglichen, ersten Gutachtens verlange. Dies müsste als „hinreichender Grund“ für die Nichteinbringung vorliegen. Die Richter folgten dieser Auffassung und erkannten die Nachbesserungsforderung als „hinreichenden Grund“ an. Ob die Nachbesserung im Nachhinein erfolgreich ist, ist nicht von Belang.

– Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 07.08.2018; AZ.: 11 Cs 18.1270

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Johlige, Skana & Partner in Berlin, Kurfürstendamm 173-174, 10 707 Berlin, Tel: 030/886 81 505.

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