Handy-Aufnahmen von öffentlichen Polizeieinsätzen sind erlaubt – Kein Anwendungsbereich des § 201 StGB

 In Veröffentlichungen

Das Landgericht Osnabrück hat in einer bahnbrechenden Entscheidung im September 2021 über die Zulässigkeit von Handy-Aufnahmen hinsichtlich öffentlicher Polizeieinsätze geurteilt. Nach dem Ergebnis der Richter sind sowohl Bild – als auch Tonaufnahmen eines Polizeieinsatzes im öffentlichen Raum zulässig.

Anlass dieser Gerichtsentscheidung war die Beschlagnahme eines Smartphones, auf welchem so ein Einsatz durch eine Videoaufnahme festgehalten wurde. Im Juni 2016 kam es in der Osnabrücker Innenstadt zu einem Polizeieinsatz. Aufgrund der Gefahrenlage haben die Beamten eine widersetzende Person auf den Boden verbracht und diese fixiert, so dass der Einsatz nicht weiter gestört wird. Da sich der Fall in der Innenstadt Osnabrücks abspielte, wurde diese Maßnahme von einer Vielzahl von Personen beobachtet.

Beamte fesseln Mann – Passanten stören die Maßnahme

Die Zivilisten beschwerten sich bei den Beamten und forderten, dass der Mann wieder frei gelassen wird. Die Polizei erklärte, dass dieser drohenden Widerstand gegen die eingesetzten Einsatzkräfte ausübe und deshalb eine Maßnahme der Fixierung erforderlich war. Der Beschwerdeführer fertigte aufgrund dessen mit seinem Smartphone eine Video – und Tonaufzeichnung der Situation in der Innenstadt an. Darauf ist der fixierte Mann sowie Beamten zu sehen, welche die hitzige Situation zu beruhigen versuchen.

Vorgehensweise der Polizei führte zu Unmut der Zivilisten

Da die Beamten daran scheiterten, wurde gegen den sich ansammelten Mob aus Personen ein Platzverweis ausgesprochen. Zudem forderte der Polizeibeamten den Beschwerdeführer explizit auf, die Aufzeichnung der stattfindenden Maßnahme zu unterlassen, weil derartige Video – sowie Tonaufnahmen an sich strafbar seien. Der Beschwerdeführer filmte noch etwas weiter, stoppte die Aufnahme jedoch daraufhin.

Telefon des Beschwerdeführers wurde beschlagnahmt

In Folge der Aufnahmen wurde der Filmende identifiziert und aufgrund des Verdachtes einer Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gegen dessen Willen sichergestellt. Die Beschlagnahme wurde darauf auf eine Entscheidung des Amtsgerichtes Osnabrück gestützt.

Gegen diesen Beschluss wandte sich der Beschwerdeführer und wollte die Beschlagnahme vor dem Landgericht klären lassen. Dieses hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf.

Da kein Anfangsverdacht für die Straftat vorgelegen hat, dürfe auch das Telefon nicht beschlagnahmt werden. Es handelte sich bei den Video – und Tonaufnahmen um eine Diensthandlung, welche im öffentlichen Verkehrsraum (Osnabrücker Innenstadt) stattfand. Die dabei gesprochenen Worte sind so auszulegen, als seien Sie seitens der Beamten in der Öffentlichkeit gesprochen worden, da der Ort zu diesem Zeitpunkt frei zugänglich war.

Die Strafvorschrift des § 201 StGB, welche die Vertraulichkeit des Wortes schützt, erfasst solche Äußerungen in diesem Rahmen nicht. Es kann keine „Unbefangenheit der mündlichen Äußerung“ geben, wenn sich diese in einem öffentlichen dienstlichem Handeln ausprägt.

Auch hinsichtlich der Videoaufnahmen sah das Gericht keinen Anfangsverdacht an. Nach § 201 a StGB sei das Anfertigen von Bildaufnahmen im öffentlichen Raum bis auf wenige Ausnahmefälle straffrei. Dies war hier der Fall.

Somit wäre ich auch kein Grund gegeben, eine Tonaufnahme in der Öffentlichkeit strenger zu ahnden als die Fertigung einer Bildaufnahme im selben Umfeld.

Landgericht Osnabrück, Beschluss vom 24.09.2021 – 10 Qs 49/21 –

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Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.

Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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