Legal Highs – synthetische Cannabinoide: Kein strafbar fahrlässiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln beim versehentlich illegalem Bezug

 In Veröffentlichungen

Der erste Strafsenat des Bundesgerichtshofes musste sich im Herbst 2017 mit der Strafbarkeit des Verkaufs von sogenannten „Legal Highs“ auseinandersetzen. Einem Händler solcher Kräutermischungen wurden illegale synthetische Cannabinoide geliefert, welche er zu Unwissen verkaufte. Dies rechtfertige nach dem BGH noch keine strafrechtlich relevante Handlung.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Online-Händler vertrieb in seinem eigens-kreierten Online-Shop Kräutermischungen, welche legale synthetische Cannabinoide enthalten. Diese sogenannten „Legal-Highs“ führen zu verstärkten Rauschzuständen und sind meist lediglich für eine bestimmte Zeitspanne legal zu erwerben, bis ihre chemische Struktur identifiziert und vom Gesetzgeber unter das Betäubungsmittelgesetz gefasst wird. Das Gewerbe des Händlers war offiziell angemeldet, zudem informierte er sich vor jeder Lieferung über die aktuelle Gesetzeslage bezüglich der bestellten Kräutermischungen. Falls nach regelmäßigem Zeitablauf eine Kräutermischung verboten wurde, so bestellte er im nächstmöglichen Zeitpunkt eine andere. So verfuhr ebenfalls der Lieferant, welcher regelmäßig die Legalität der Cannabinoide in seinem Sortiment überprüfte und dies bei Verstößen und Änderungen ggf. fliegend wechselte.

Im Oktober 2015 kam es trotz Überwachung der Gesetzeslage dennoch zu einem Verkauf von Kräutermischungen, welche zu diesem Zeitpunkt bereits illegal waren und unter das Betäubungsmittelgesetz fallende synthetische Cannabinoide enthielten. Dies führte dazu, dass die zuständige Staatsanwaltschaft Anklage wegen des Handeltreibens von Betäubungsmitteln erhob.

Das in erster Instanz zuständige Landgericht Heilbronn sprach den Angeklagten frei. Aus Sicht der Richter habe der Händler sich weder wegen vorsätzlichem, noch fahrlässigem Handel mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht.

Diese Entscheidung war der Staatsanwaltschaft ein Dorn im Auge, denn aus ihrer Sicht bestand mindestens eine Strafbarkeit bezüglich Fahrlässigkeit vor. Sie legte Revision zum Bundesgerichtshof ein.

Der BGH bestätigte jedoch die Entscheidung des Landgerichts Heilbronn und wies somit die Revision der Staatsanwaltschaft zurück. Selbst ein fahrlässiger Handel mit Betäubungsmitteln sei im vorliegenden Fall nicht zu bejahen. Dies fußt auf folgender Begründung:

Der Angeklagte hätte für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit eine objektive Sorgfaltspflicht verletzen müssen. Eine Pflicht, die bezogenen synthetischen Cannabinoide für die Kräutermischungen vor deren Verwendung/Herstellung auf ihre chemische Zusammensetzung analysieren zu lassen, bestand jedoch nicht. Allein das Handeln mit synthetischen Cannabinoiden begründe noch keine ausführliche Pflicht eines einzelnen Händlers, die Ware laboratorisch testen zu lassen. Dies würde Kleinhändler finanziell zu stark belasten und eine Unverhältnismäßigkeit der Sorgfaltsmaßnahme begründen.

Der Händler habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, dass von seinem stets zuverlässigen Lieferanten keine illegalen Cannabinoide geliefert werden. Obwohl ein generelles Risiko besteht, erwartungswidrig mit Betäubungsmitteln beliefert zu werden, so handelt es sich dennoch solange um eine gesetzeskonforme Tätigkeit, wie die betroffenen Stoffe noch nicht als Betäubungsmittel bestimmt worden sind. Eine Kontrollpflicht könne seitens der Richter des BGH nur in Ausnamefällen angenommen werden, beispielsweise dann, wenn die Unzuverlässigkeit der Bezugsquelle dem Händler bekannt wäre. Dies lag im geschilderten Fall jedoch gerade nicht vor, da der Lieferant stets informiert war und es zuvor noch nicht zu Komplikationen kam (BGH, Urteil vom 20.09.2017 – 1 StR 64/17).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

Neueste Beiträge