Zufällig mitgehörtes Gespräch zwischen Anwalt und Beschuldigten vor Gericht = verwertungsfähig als Beweis?

 In Veröffentlichungen

Der zweite Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe musste sich im Juli 2018 mit den Grundsätzen der Strafprozessordnung, insbesondere mit dem Beweisverwertungsverbot auseinandersetzen. Obwohl dies fest verankerte Dogma der StPO allgemein bekannt ist, ist dies dennoch nicht in jeder Situation starr anzuwenden.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Mann wurde im Juli 2017 vom Landgericht Stralsund aufgrund einer Vergewaltigungstat zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Die Verurteilung des Gerichts stützte sich weitestgehend auf Zeugenaussagen. Eine entscheidende davon stellte die eines Polizeibeamten dar, welcher zufällig ein Gespräch zwischen dem Angeklagten und seinem Verteidiger bei einem Haftprüfungstermin auf dem Gerichtsflur mithörte. Bei der Besprechung soll es sich wohl um die explizite und ausführliche Erklärung des Vorgangs durch den Angeklagten während der Vergewaltigung handeln, welche er versuchte, dem Verteidiger zu schildern. Der Polizeibeamte sagte dies dann im Prozess aus. Der Beschuldigte hielt die Verwertung der Aussage für unzulässig, da die Kommunikation zwischen einem Beschuldigten und seinem Anwalt rechtlich streng geschützt sei. Es folgt die Revision an den Bundesgerichtshof.

Dieser wies die Revision des Beschuldigten überraschend zurück und begründete dies folgendermaßen: Zwar sei die Kommunikation zwischen einem Angeklagten sowie seinem bestellten Verteidiger durchaus rechtlich geschützt. Dieser rechtliche Schutz beschränkt sich jedoch wesentlich auf die Überwachung durch staatliche Organe. Dies sei im folgenden Fall jedoch gerade nicht der Fall gewesen, denn die Vertraulichkeit der Kommunikation werde nicht durch Strafverfolgungsorgane verletzt, wenn der Beschuldigte in offensichtlicher Anwesenheit eines Ermittlungsbeamten gegenüber dem Verteidiger brisante Details in erhöhter Lautstärke wiedergibt, dass solche ohne Weiteres von Dritten wahrgenommen werden können.

Dies führt zur Konsequenz, dass der rechtliche Schutz vor der staatlichen Überwachung hier nicht greift und die vom anwesenden Polizeibeamten wahrgenommenen Äußerungen durchaus im Strafverfahren als Beweismittel verwendet werden können (BGH, Urteil vom 04.07.2018 – 2 StR 485/17).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Strafrecht

Neueste Beiträge